Beschreibung
Mit den verstärkten Migrations- und Fluchtbewegungen kamen um das Jahr 2015 viele Kinder und Jugendliche ohne Deutschkenntnisse nach Deutschland. Um diese Schüler*innen zu unterrichten, wurden improvisierte Vorbereitungsklassen eingeführt. In dieser qualitativen Analyse untersucht die Autorin, wie bildungsbehördliche und schulische Praktiken miteinander verflochten sind und dadurch ein Bildungsungleichheitsrisiko für neu Migrierte in Vorbereitungsklassen entsteht.
Aus differenzierungstheoretischer Perspektive und sozialtheoretisch an Theorien sozialer Praktiken rückgebunden untersucht die Autorin, wie und mit welchen möglichen Folgen neu migrierte Kinder und Jugendliche in Vorbereitungsklassen beschult werden. Am Beispiel der Stadtgemeinde Bremen wird chronologisch aufgezeigt, wie an einer Sekundarschule eine Vorbereitungsklasse eingerichtet wird, neu migrierte Schüler*innen darin aufgenommen werden, diese am Unterricht teilnehmen und wie die jungen Menschen schrittweise in die Regelklasse übergehen. Dabei steht analytisch im Fokus, wie in der Verwobenheit von bildungspolitischen bzw. bildungsbehördlichen und schulischen Praktiken ein Bildungsungleichheitsrisiko für die neu migrierten Schüler*innen entsteht. Durch den ethnographischen Forschungsansatz konnten Praktiken sowohl im ‚Dabeisein‘ erforscht als auch durch die Analyse von Interviews und von gesammelten Artefakten sowie bildungspolitischen Dokumenten rekonstruiert werden. Somit liegt dieser Studie ein vielfältiges Datenmaterial zugrunde, das der Komplexität der Praktikenverbindungen Rechnung trägt. Die rekonstruktive Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass die neu migrierten Schüler*innen nicht systematisch auf die Teilhabe an der schulischen Leistungsordnung der Regelklasse vorbereitet werden, im Gegenteil: Die Vorbereitungsklasse büßt ihre Legitimation als Maßnahme zur Herstellung und Förderung von Chancengleichheit ein und sorgt mitunter für verstärkte Bildungsungleichheit.
Die Autorin:
Dr. Lydia Heidrich, promovierte an der Universität Bremen und arbeitet jetzt als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Pädagogik an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Der Fachbereich:
Erziehungswissenschaft
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