Beschreibung
Der Autor diskutiert knapp, verständlich und aus unterschiedlichen Perspektiven heraus, warum die Blütezeit des islamischen Kulturkreises am Ende des Mittelalters endete. Wie hängen Religion und Wissenschaft, Religion und Gewalt zusammen? Wie weit kann die spezifi sche Art der Erkenntnisgewinnung (in Koranschulen und Universitäten) im Spannungsfeld von Religion und weltlicher Machtpolitik die kulturelle Differenz erklären? Die Studie schließt mit einer Präsentation der neueren Reformdebatte unter Muslimen.
Wie lässt sich erklären, dass der einst blühende islamische Kulturkreis (Bagdad, Andalusien) Ende des Mittelalters dem christlichen Abendland unterlag? Ein Überblick über verschiedene Erklärungsansätze in den historischen, kultur- und sozialwissenschaftlichen Fachliteraturen soll zeigen, dass monokausale Erklärungen in die Irre führen. Neben der Frage des ‚wahren Islam‘ und der legitimen Nachfolge beim Tod eines Kalifen spielen die Fragen eine zentrale Rolle, wie gesicherte Erkenntnisgewinne im Spannungsfeld von Religion und weltlicher Machtpolitik im Verlauf der Jahrhunderte bis zur Gegenwart organisiert wurden (in Koranschulen, Universitäten, naturwissenschaftlichen Labors etc.).
Gestützt auf eine defensive Haltung bei der Interpretation von Koran und religiöser Praxis, gelangten im Islam die religiösen Autoritäten zu einer im Vergleich zu Europa dominanten Stellung bei der Organisation von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Nicht die Religion an sich, wohl aber die permanente Präsenz und oftmals Dominanz des Sakralen bei naturwissenschaftlicher Wissensproduktion lähmte den sozio-kulturellen Fortschritt im Orient, der sich nach seiner Blütezeit von externen Einflüssen kulturell abzuschließen versuchte. Gleichzeitig gelang es im Westen den Universitäten, sich allmählich von der Bevormundung durch Kirche und Staat zu befreien und eine auf Experimenten basierte Naturwissenschaft zu etablieren, die dann auch den technischen und machtpolitischen Vorsprung des christlichen Abendlandes sicherstellte. Wegen der politischen Aktualität wird in einem besonderen Kapitel dem Zusammenhang von Religion und Gewalt nachgegangen.
Im Anschluss kommen einige muslimische Wissenschaftler und Publizisten der Gegenwart zu Wort, die zur Reform der islamischen Glaubenslehren aufrufen und eine Versöhnung zwischen islamisch-religiöser Lehre und moderner säkularer Wissenschaft für möglich und geboten halten.
Aus dem Inhalt:
- Erstaunen und Wut von Muslimen über den zivilisatorischen Niedergang im Orient
- Islamische Lehre und Gewalt heute: religiöse Gewalt als Gottesdienst?
- Reform-Diskurse unter Muslimen der Gegenwart
- Ausblick: Das Gebot der Ambiguitätstoleranz
Der Autor:
Prof. Dr. Rainer Tetzlaff
Europa-Kolleg der Universität Hamburg
Hier finden Sie den Waschzettel zum Buch (pdf- Infoblatt).
Zielgruppe: Akademische und nicht-akademische LeserInnen, die sich über den historischen und gegenwärtigen Islam informieren wollen
Keywords: Islam, Wissenschaft, Kalifat
Fachbereiche: Politikwissenschaft, Soziologie, Sozialwissenschaften allgemein
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