Beschreibung
Der deutsche Sozialstaat hatte einst eine durchgehend hohe Akzeptanz in der Bevölkerung – doch es bröckelt: Reformen und Rückbau aller Orten. Der aktuelle Band Einstellungen zum Sozialstaat II untersucht inbesondere die Akzeptanz von Reformen der sozialen Sicherung, insbesondere mit Blick auf Renten- und Pflegeversicherung. Analysiert werden Veränderungen im Zeitverlauf sowie kulturelle und strukturelle Einflussfaktoren . Basis ist die repräsentative telefonische Befragung von über 5000 Personen in Ost- und Westdeutschland.
Die soziale Absicherung von Notlagen und die solidarische Vergesellschaftung privater Risiken sind konstitutiv für die Herausbildung moderner Gesellschaften. Aufgrund der durchgängig hohen Akzeptanz des deutschen Sozialstaatsmodells hat der Sozialstaat überdies eine Schlüsselrolle bei der Demokratisierung und Befriedung der Gesellschaft inne gehabt. Während jedoch in den 50er bis 70er Jahren des letzten Jahrhunderts sowohl die Leistungen als auch die Zahl der Versicherten kontinuierlich anwuchsen, geriet der expansive Sozialstaat spätestens in den 1990er Jahren in die Diskussion.
Aktuell befinden sich die sozialen Sicherungssysteme in einem umfassenden Umbauprozess. Beklagt wird u.a. die Ineffizienz der bestehenden Sicherungssysteme, deren hohen Kosten zudem vor allem aufgrund der Massenarbeitslosigkeit und der demografischen Entwicklung keine adäquate Finanzierung mehr gegenübersteht. Darüber hinaus steht die Idee der umfassenden Staatszuständigkeit in der Kritik, da diese dauerhafte Abhängigkeiten schaffe, die Menschen entmündige und Eigeninitiative lähme. Dem gegenüber gestellt wurde die Idee einer Reduktion der sozialstaatlichen Aufgaben auf eine Grundsicherung und die Aktivierung der individuellen Kräfte. Die hieraus resultierende „Teilprivatisierung“ sozialer Risiken hat jedoch selbst zu Kritik und Verunsicherung bei den Betroffenen geführt. Dies wirft die Frage auf, wie sich die traditionell hohe Akzeptanz des Sozialstaats heute darstellt und wie es um die notwendige Legitimität der sozialstaatlichen Anpassungsprozesse im Urteil der Menschen bestellt ist.
Die vorliegende Studie stellt die zweite von insgesamt vier jährlich aufeinander folgenden Querschnittsuntersuchungen dar, und enthält die Ergebnisse einer repräsentativen telefonischen Befragung von 5025 Personen in Ost- und Westdeutschland. Ziel dieser Untersuchung ist es, die für diesen Umbau erforderlichen Bedingungen und Möglichkeiten, aber auch die aus Sicht der Betroffenen vorhandenen Grenzen zu erforschen.
Aus dem Inhalt:
Einleitung
Globale Einstellungen
Wahrnehmung sozialer Ungleichheit und eigener Lage
Akteure und Ziele des Sozialstaats
Leistungen und Kosten des Sozialstaats
Gründe und Einflüsse globaler Einstellungen
Spezifische Einstellungen
Das gesetzliche Rentensystem
Einstellungen zur GRV
Privates Vorsorgeverhalten der Bevölkerung
Gründe rentenpolitischer Einstellungen
Die soziale Pflegeversicherung
Die gesetzliche Unfallversicherung
Schlussbetrachtung
Die Einzelsysteme des Sozialstaats im Vergleich
Wohlfahrtsansprüche im Wandel?
Polarisierung der Gesellschaft – Polarisierung der Einstellungen?
Die Autoren:
Oliver Nüchter,
Roland Bieräugel,
Florian Schipperges
alle: wissenschaftliche Hilfskräfte im Projekt „Einstellungen zum Sozialstaat“ an der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main.
Prof. Dr. Wolfgang Glatzer, Universitätsprofessor für Soziologie am Institut für Gesellschafts- und Politikanalyse des Fachbereichs Gesellschaftswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Prof. Dr. Alfons Schmid, Universitätsprofessor für Wirtschaft am Institut für Gesellschafts- und Politikanalyse des Fachbereichs Gesellschaftswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
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