Beschreibung
Nach Ansicht des Autors bietet die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen die Chance, dass sich die Europäer wieder auf ihre eigene Identität und Kultur besinnen. Die Grenzen der Europäischen Union – so der Autor – liegen dort, wo die kulturellen Voraussetzungen für die Ordnung der Freiheit nicht gegeben sind.
Die angestrebte Vereinigung fast des gesamten Europas – von voraussichtlich 33 bis 35 Staaten – bedeutet gegenüber dem alten westlich geprägten Staatenverbund nicht weniger als eine zweite Gründung der Europäischen Union. Mit der geplanten Erweiterung in den orthodoxen und den islamischen Raum wird aus einer bis dahin westlich geprägten Europäischen Union eine multikulturelle Union. Wenn man den Zusammenhalt der Europäischen Union aber auf ihre gemeinsame kulturellen Wurzeln und Werte zurückführt, drohen durch die politisch motivierten Erweiterungen eine Überdehnung und damit der Verlust des für die Handlungsfähigkeit notwendigen Wir-Gefühls. Diesen Befürchtungen stehen die Hoffnungen gegenüber, dass das Geld und die Ideale der Europäischen Union auch für die Demokratisierung und Stabilisierung Ost- und Südosteuropas reichen.
Es wird Zeit für eine grundsätzliche Besinnung über die Identität und Grenzen und über die politische Gestalt und Finalität der Union. Nicht alle Europäer sind schon „global players“. Viele sind noch auf den Schutz von Grenzen und einer handlungsfähigen Politik angewiesen. Europa scheint sich zunehmend in zwei Lager zu teilen: Denjenigen, die einen möglichst großen Markt und Kulturraum wollen und denjenigen, die den Markt durch politische und soziale Gestaltungsmöglichkeiten ergänzt sehen wollen. Die Unterschiede beider Positionen konkretisieren sich in der Frage nach den Grenzen Europas.
Nach der hier vertretenen Position eines dritten Weges lässt sich diese Frage nicht im Entweder-oder Denken beantworten, sondern nur aus der jeweiligen Wahl eines Landes zwischen zwei parallelen Strukturen: einem politisch integrierten Kerneuropa und einem eher locker gefügten Staatenbund. Die Grenzziehung zwischen diesen Strukturen sollte sich weniger an aktuellen Daten als an den grundsätzlichen Voraussetzungen der Staaten für die Ordnung der Freiheit orientieren. Bei der Festsetzung dieser Grenzen sollte das interkulturelle Lernen eine bedeutendere Rolle spielen.
Aus dem Inhalt:
I. Das Dilemma zwischen Erweiterung und Vertiefung
Historische Grenzen Europas
- Die Konflikte europäischer Kulturen um die Gestaltung der Moderne
Kulturelle und politische Grenzen in Europa
Die Türkei als Schicksalsfrage – Vernetzung oder Verstrickung mit der islamischen Welt?
Die Grenzen des westlichen Europas vor den russischen Ländern
II. Europa zwischen Multikulturalismus und Universalismus
Bundesstaat oder Staatenbund? Differenzierte Mitgliedschaften als dritter Weg
Kulturelle Voraussetzungen einer europäischen Gouvernanz
- Leitbilder einer europäischen Integrationskultur
Das offene Europa und seine Grenzen
Selbstbesinnung und Selbstbegrenzung Europas
Der Autor:
Prof. Dr. Heinz Theisen, Professor für Politikwissenschaft an der Kath. Fachhochschule NW in Köln
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