Beschreibung
Die Sorge um die “alternde” deutsche Gesellschaft ist heute allgegenwärtig und provoziert eine aufgeregte Debatte darüber, wie die Geburtenrate, insbesondere bei der jüngeren Akademikerinnen-Generation, erfolgreich gesteigert werden könnte. In der Debatte wird einhellig unterstellt, dass staatliche Fördermaßnahmen, (privat-)wirtschaftliche Unterstützungen und/oder Veränderungen der gesellschaftlichen Kultur Frauen davon überzeugen können, Kinder zu gebären. Wissenschaftlerinnen unterschiedlicher Disziplinen befragen – historisch und international vergleichend – Geschichte und Daten, um den Grenzen bevölkerungspolitischer Steuerung auf die Spur zu kommen.
In dem Band wird der Frage nachgegangen, ob die allgemein geteilten Unterstellungen tatsächlich zutreffend sind. Lassen sich Frauen von staatlichen, (privat-)wirtschaftlichen und kulturellen Faktoren zum Gebären “anleiten”? Kann die Geburtenrate durch politische Strategien und Diskurse wirksam gesteigert werden? Ist Bevölkerungspolitik, ob pro- oder antinatalistisch, ob in der Geschichte oder der globalisierten Gegenwart, ob repressiv oder unterstützend, eine Politik, die erfolgreich zu steuern vermag? Übersetzen sich bevölkerungspolitische Regulierungsversuche, gleich welcher Provenienz, in individuelle Lebensentscheidungen? Folgen Frauen freiwillig den biopolitischen Vorgaben zwischen Geburtenförderung und Geburtenverhinderung?
Um der Beantwortung dieser schwierigen Fragen näher zu kommen, werden sehr unterschiedliche bevölkerungspolitische Regime vergleichend betrachtet und diskutiert: der auf die so genannte Dritte Welt bezogene “Überbevölkerungsdiskurs”, die pro- und antinatalistischen Politiken des Nationalsozialismus sowie zeitgenössische Arrangements in ausgewählten Staaten der Europäischen Union, insbesondere in Frankreich und in den nordischen Ländern.
Aus dem Inhalt:
Diskurse demographischer Steuerung
Ursula Ferdinand, Diskurse über den Geburtenrückgang der 20er Jahre
Barbara Willenbacher, Nationalsozialistische Bevölkerungspolitiken?
Barbara Holland-Cunz, Alarmismus. Die Struktur der öffentlichen Debatte über den demographischen Wandel in Deutschland
Diana Auth, Aktionistische Familienpolitik in Deutschland
Bettina Rainer, Die ‚Bevölkerungsexplosion’: Bevölkerungswachstum als globale Katastrophe
Strategien demographischer Steuerung
Juliane Roloff, Familienpolitik und Geburtenentwicklung – unter besonderer Berücksichtigung der Situation in der ehemaligen DDR
Jutta Träger, Individuelle Lösungsstrategien familialer Arbeitsteilung
Corinna Onnen-Isemann, Familienpolitik und Fertilitätsunterschiede in Frankreich und Deutschland
Gerda Neyer, Sozialpolitik und Geburtenentwicklung am Beispiel der nordischen Länder
Diana Hummel, Bevölkerungsentwicklung aus sozialökologischer Perspektive
Die Herausgeberinnen:
Dr. Diana Auth,
Prof. Dr. Barbara Holland-Cunz,
Institut für Politikwissenschaft und Arbeitsstelle Gender Studies der Justus-Liebig-Universität Gießen
Zielgruppe(n): SozialwissenschaftlerInnen, BevölkerungswissenschafterInnen, Lehrende, Studierende und politisch Interessierte, die sich mit den Themen Bevölkerungspolitik, Demographischer Wandel, Familienpolitik, vergleichende Wohlfahrtsstaatsforschung oder Geschlechterpolitik beschäftigen
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