Beschreibung
Politische Meinungsumfragen sind heute allgegenwärtig. Seit jeher provozieren sie aber auch erbitterte Widerstände. Das Buch bietet eine umfassende Analyse der demokratischen Versprechen der Demoskopie und ihrer Fundamentalkritik von den Anfängen bis in die Gegenwart. Michel Dormal entwickelt einen konzeptionellen Vorschlag, wie die Rolle der Umfragen in der komplexen Demokratie der Moderne begriffen und gestaltet werden kann.
Als Form politischen Wissens sind Meinungsumfragen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts selbstverständlich geworden und begegnen den Bürger*innen auf Schritt und Tritt. Auch Politiker*innen scheinen auf immer neue Umfragedaten als Orientierungshilfe längst nicht mehr verzichten zu können. Meinungsforschung war dabei nie bloß ein neutrales Instrument. Sie transformierte zugleich das Verständnis des politischen Tuns selbst, etwa durch neue, individualisierte und rationalisierte Formen der Rückkopplung von Politik und Gesellschaft. Seit ihren frühesten Anfängen gab und gibt die Demoskopie daher auch Anlass zu Unbehagen und scharfer Kritik. Die Eitelkeit gescheiterter Wahlkämpfer*innen trifft dabei auf viel grundlegendere Diagnosen eines mutmaßlichen Verfalls der Urteilskraft und Öffentlichkeit, aber auch auf eine wiederkehrende Sorge vor dem angeblichen Manipulationspotenzial.Das Buch bietet einen umfassenden Überblick über die normativen Debatten rund um die politische Meinungsforschung seit dem frühen 20. Jahrhundert bis heute. Handelt es sich um eine Fortsetzung des alten Streits zwischen repräsentativer und plebiszitärer Demokratie oder steht etwas ganz anderes auf dem Spiel? Welche Modelle von Öffentlichkeit und welche Verständnisse von Teilhabe und Gleichheit werden hier verhandelt? Auf Grundlage einer Rekonstruktion und Interpretation der Diskurse in Amerika, Deutschland und Frankreich entwickelt Michel Dormal einen eigenen theoretischen Vorschlag, wie die Rolle der Demoskopie in der modernen Demokratie verstanden, gestaltet, aber auch im Sinne einer ‚Mischverfassung der Moderne‘ begrenzt werden könnte. Die Chancen dafür werden heute jedoch durch drei parallele Prozesse eingetrübt, auf die abschließend ein Ausblick gegeben wird: Der Formwandel der Repräsentation verändert die Stellung der Umfragen im politischen System, die Digitalisierung verschiebt ihre technischen Horizonte und die Krise der Meinung beschädigt ihren Gegenstand.
Der Autor:
Dr. Michel Dormal, Privatdozent am Institut für Politische Wissenschaft, RWTH Aachen
Der Fachbereich:
Politikwissenschaft
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