Inhalt
GENDER – Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft
1-2018: Praxeologien des Körpers: Geschlecht neu denken
Hrsg.: Bettina Brockmeyer / Susanne Lettow / Ulrike Manz / Sabine Schäfer
Schwerpunkt
Mareike Böth: „Why all the fuss about practice theory?“ Zum Verhältnis von Geschlechter- und Praxistheorie aus Sicht einer Historikerin
Karen Nolte: „Leiden mit Geduld“ – Schmerz und Geschlecht im 19. Jahrhundert. Praxistheoretische Rekonstruktionen
Malaika Rödel: What matters? – Natur, Technologie und Geschlecht im Diskurs der Präimplantationsdiagnostik
Olaf Stieglitz: The American Crawl – Praktiken von Geschlecht und Moderne in US-amerikanischen Schwimmbecken, 1900–1940
Nicole Kirchhoff / Benjamin Zander: „Aussehen ist nicht wichtig!“ – Zum Verhältnis von Körperbildern und Körperpraktiken bei der Herstellung von Geschlecht durch männliche und weibliche Jugendliche
Aufsätze: Offener Teil
Anne-Laure Garcia / Ina Dietzsch: Stillen als wissenschaftlicher Gegenstand. Epistemologische Überlegungen zur Untersuchung einer „natürlich sozialen Tatsache“ am Beispiel des medizinischen Diskurses
Eva Maria Hinterhuber / Simon Möller: Im toten Winkel – Genderdiskurs und Verkehrsmitteldesign
Silvia Förtsch / Ute Schmid: Frauen in der Informatik: Können sie mehr als sie denken? Eine Analyse geschlechtsspezifischer Erfolgserwartungen unter Informatikstudierenden
Brigitte Liebig / Martina Peitz: Zeit-Nischen oder Familienzeit? Väter und der Umgang mit den Widersprüchen flexibler Arbeitsformen
Rezensionen
Heike Mauer: Sabine Hark/Paula-Irene Villa, 2017: Unterscheiden und Herrschen. Ein Essay zu den ambivalenten Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und Feminismus in der Gegenwart. Bielefeld: transcript Verlag.
Anna Beckmann: Véronique Sina, 2016: Comic – Film – Gender. Zur (Re-)Medialisierung von Geschlecht im Comicfilm. Bielefeld: transcript Verlag.
Sylka Scholz: Stefan Horlacher/Bettina Jansen/Wieland Schwanebeck (Hrsg.), 2016: Männlichkeit. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart: J. B. Metzler.
Cita Wetterich: Isabelle Ihring, 2015: Weibliche Genitalbeschneidung im Kontext von Migration. Opladen, Berlin, Toronto: Budrich UniPress.
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Abstracts
„Why all the fuss about practice theory?“ Zum Verhältnis von Geschlechter- und Praxistheorie aus Sicht einer Historikerin (Mareike Böth)
Aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive beleuchtet der Aufsatz einerseits zentrale geschlechtertheoretische Konzepte (‚doing gender‘, ‚doing difference‘ bzw. Intersektionalität) als Beiträge zur Praxistheorie und arbeitet andererseits Impulse der aktuellen Praxeologie-Debatte für die Geschlechter- und Körpergeschichte heraus. Die wechselseitigen Potenziale von Geschlechter- und Praxistheorie werden anhand einer Analyse frühneuzeitlicher Körperpraktiken in den Briefen Liselottes von der Pfalz (1651–1722) aufgezeigt. Schlüsselwörter: Praxeologie, Intersektionalität, Geschichtswissenschaft, Geschlecht, Körper, Leib
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„Leiden mit Geduld“ – Schmerz und Geschlecht im 19. Jahrhundert. Praxistheoretische Rekonstruktionen (Karen Nolte)
Die Forschung zur Geschichte des Schmerzes ist wesentlich geprägt durch die Arbeiten von Elaine Scarry und David Morris, die in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren im Kontext des Linguistic Turn in den Kulturwissenschaften entstanden sind. Scarry formulierte mit Blick auf die Medizin in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren die These der „Inexpressibility“ des Schmerzes. Schmerz sei der Ausdruck einer „radikalen Subjektivität“, die es unmöglich mache, physischen Schmerz zu definieren oder zu beschreiben. Die Grundannahme des Beitrags ist, dass praxeologische Zugänge einen anderen Zugang zur Geschichte des Schmerzes ermöglichen. Nicht der bisher dominierenden Frage nach der Authentizität von Schmerz in den Quellen soll nachgegangen werden, sondern es geht darum, Praktiken im Umgang mit Schmerz zu analysieren. Untersucht werden soll, in welcher Weise Konzeptionen von Geschlecht den Praktiken zum Umgang mit Schmerz im 19. Jahrhundert implizit sind. Das Aufschreiben von Schmerz wird im Folgenden ebenfalls als Praktik begriffen. Schlüsselwörter: Schmerz, Geschlecht, Medizin, Praktiken, Krankenpflege
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What matters? – Natur, Technologie und Geschlecht im Diskurs der Präimplantationsdiagnostik (Malaika Rödel)
Seit der Einführung der In-vitro-Fertilisation in den 1970er-Jahren sind im Feld der modernen Reproduktionsmedizin eine Reihe weiterer Verfahren entstanden, die die Vorstellungen von Zeugung und Elternschaft verändern. Leihmutterschaft, Präimplantationsdiagnostik, Eizell- und Samenspende lösen die Verbindung von Sexualität und Reproduktion und bieten ein Beispiel für die These der zunehmenden Auflösung von Körper- und Geschlechtergrenzen. Der vorliegende Beitrag leuchtet am Beispiel der Präimplantationsdiagnostik (PID) aus, wie Geschlecht und die Grenze von Natur und Technologie im Zuge dieser Entwicklung neu verhandelt werden. Anhand der Ergebnisse einer Analyse des Diskurses um die PID in Deutschland wird aufgezeigt, wie sich die PID von einer selektiven und mehrheitlich abgelehnten Diagnostik zu einer helfenden Hand für Paare mit Kinderwunsch wandelt und wie diese diskursiven Verschiebungen mit Rückgriff auf die Science and Technology Studies als eine „strategische Naturalisierung“ (Thompson) und „Reinigungsarbeit“ (Latour) im Diskurs verstanden werden können. Schlüsselwörter: Präimplantationsdiagnostik, Reproduktionstechnologien, Diskursanalyse, Science and Technology Studies, Rekonfiguration von Geschlechtergrenzen
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The American Crawl – Praktiken von Geschlecht und Moderne in US-amerikanischen Schwimmbecken, 1900–1940 (Olaf Stieglitz)
Schwimmen boomte in den USA während des frühen 20. Jahrhunderts. Es hatte seinen Platz in den Fitness- und Gesundheitsdebatten, war eine leicht auszuübende Freizeitaktivität und wurde von vielen als ein besonders demokratischer Sport beschrieben. Darüber hinaus kam dem Schwimmen in den USA zu dieser Zeit die Rolle zu, menschliche Körper als ausdrücklich ‚modern‘ zu kennzeichnen. Sie war besetzt mit Vorstellungen vom modernen Leben und seinen an bestimmte Normen und Ideale von physischem Aussehen, Handeln, Können und Leistungsfähigkeit gekoppelten Anforderungen. Hierbei waren sowohl geschlechtlich codierte Zuschreibungen als auch Auffassungen von Race zentral. Bei der Praktik des Schwimmens, so die These des Beitrags, sollten idealisierte wie normalisierte moderne amerikanische Frauen- und Männerkörper entstehen. Schlüsselwörter: USA, Schwimmen, Moderne, Körper, Praktiken, Geschlecht
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„Aussehen ist nicht wichtig!“ – Zum Verhältnis von Körperbildern und Körperpraktiken bei der Herstellung von Geschlecht durch männliche und weibliche Jugendliche (Nicole Kirchhoff, Benjamin Zander)
In unserem Beitrag gehen wir der Frage nach, inwiefern Praxen der Herstellung von Geschlecht durch Jugendliche in Körperbildern sichtbar werden. Untersucht werden SchülerInnen der 7. Klasse an Hauptschulen und Gymnasien über ein methodisches Vorgehen, das als „Gruppenwerkprozess“ eine Erweiterung des Gruppendiskussionsverfahrens auf der visuellen Ebene durch die „Bilder-Collage“ und das „Gruppen-Selfie“ darstellt. Am Beispiel von zwei kontrastierenden Fällen können entsprechende Praxen über die dokumentarische Methode sichtbar gemacht werden. Schlüsselwörter: Doing Gender, Körperbilder, Körperpraktiken, Feminisierung, Jugendliche
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Stillen als wissenschaftlicher Gegenstand. Epistemologische Überlegungen zur Untersuchung einer „natürlich sozialen Tatsache“ am Beispiel des medizinischen Diskurses (Anne-Laure Garcia, Ina Dietzsch)
Im gesellschaftlichen Diskurs um das Stillen ist gegenwärtig, trotz fundierter sozialwissenschaftlicher Kritik, immer noch die Position als hegemonial zu bezeichnen, die das Stillen als die beste Form der Säuglingsernährung sieht. Um die Hintergründe für die Macht dieser Position besser verstehen zu können, befragt der Aufsatz medizinische Publikationen aus über einem Jahrhundert aus der wissenschaftstheoretischen Perspektive der französischen Epistemologie und zeichnet die sich darin zeigende Wissensordnung um das Stillen nach: Wie hat sich das Stillen als wissenschaftlicher Gegenstand infolge der Verwissenschaftlichung der Medizin konstituiert? Wie wurde er im Kontext moderner Dichotomien zwischen dem Natürlichen und dem Sozialen positioniert? Welche Hierarchien wurden damit bedient, stabilisiert oder unterlaufen? Zentral für die Argumentation sind drei Erkenntnishindernisse im Sinne Gaston Bachelards, die im Untersuchungszeitraum des 19. Jahrhunderts eine Verschiebung des Gegenstands Stillen von einer natürlichen zu einer „natürlich sozialen Tatsache“ erschwerten: die Hybridität der Medizin als Disziplin, die kumulative Praxis der medizinischen Forschung und ihr Fokus auf die Mutter-Kind-Dyade. Schlüsselwörter: Epistemologischer Bruch, Émile Durkheim, Gaston Bachelard, Stillen, Medizin
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Im toten Winkel – Genderdiskurs und Verkehrsmitteldesign (Eva Maria Hinterhuber, Simon Möller)
Ziel des Beitrags ist, am Beispiel der Geschichte des Mobilitätsdiskurses das Gendering industrieller Massenprodukte im Fahrzeugbereich sowie dessen historische und gesellschaftliche Ausprägungen exemplarisch nachvollziehbar zu machen. Ausgangspunkt ist eine Definition von Design, die dessen diskursive Funktion fokussiert: Design selbst produziert Bedeutung und transportiert diese nicht nur. Vor diesem Hintergrund erfolgt ein diskursanalytischer Blick auf ‚Gendered Mobility‘ – vom historischen Geschlechterkampf ums Fahrrad bis zu Entwürfen von ‚Frauenautos‘ in der jüngeren Vergangenheit. Mittels einer solchen Analyse des gegenderten Mobilitätsdiskurses wird gezeigt, wie Design sowohl auf der Seite der Gestaltenden als auch auf der Seite der Konsumierenden an der performativen Herstellung von Geschlechtsidentität(en) und damit auch an der (Re-)Produktion der bestehenden, hierarchischen Geschlechterverhältnisse in der gegenwärtigen Wachstumsökonomie beteiligt ist – ein Vorgehen, das nicht auf Gender begrenzt ist, sondern auf weitere Diversitätsdimensionen und deren Intersektionen ausgeweitet werden kann. Schlüsselwörter: Gendered Design, Diskursanalyse, Mobilität, Fahrrad, Auto
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Frauen in der Informatik: Können sie mehr als sie denken? Eine Analyse geschlechtsspezifischer Erfolgserwartungen unter Informatikstudierenden (Silvia Förtsch, Ute Schmid)
Obwohl ein Anstieg des Frauenanteils in den Informatikstudiengängen zu verzeichnen ist, gilt die IT-Branche nach wie vor als Männerdomäne. Der weibliche Anteil in deutschen IT-Abteilungen beträgt knapp 10 Prozent (Weitzel et al. 2017). Ein Grund für die mangelnde Präsenz der Frauen im IT-Bereich könnte die geringere Erfolgserwartung der Studentinnen im Studium sein. In diesem Beitrag wird untersucht, ob vorangegangene Schulleistungen sowie intrinsische Motivation für die Studiengangswahl, nämlich Begabung und Interesse für das Fach, die subjektive Einschätzung des Studienerfolgs von Informatikstudierenden beeinflussen. Obwohl Studentinnen sich im Vergleich zu ihren Kommilitonen in ihren durchschnittlichen Mathematikleistungen nicht signifikant unterscheiden und sie im Durchschnitt die bessere Abiturabschlussnote erzielen, unterschätzen sie sich in ihrem persönlichen Studienerfolg signifikant, insbesondere in stark techniklastigen Informatikstudiengängen. Ebenso können Studentinnen von einer hohen intrinsischen Motivation, hinsichtlich ihrer Erfolgseinschätzungen im Studium nicht profitieren. Die durchgeführte Analyse bezieht sich auf das Datenmaterial aus dem ESF-Forschungsprojekt „Alumnae Tracking“. Schlüsselwörter: Geschlecht, Informatik, Studienerfolg, Schulische Leistungen, Intrinsische Motivation
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Zeit-Nischen oder Familienzeit? Väter und der Umgang mit den Widersprüchen flexibler Arbeitsformen (Brigitte Liebig, Martina Peitz)
Flexible Arbeitsmodelle gewinnen heute an Bedeutung – ebenso wie die Vorstellung einer „involvierten“ Vaterschaft. Hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie erweisen sich flexible Formen der Arbeit für Väter jedoch als ambivalent: Einerseits bieten sie Vätern neue Spielräume, andererseits stehen sie für problematische Trends der Arbeitsverdichtung, denen insbesondere Männer aufgrund traditioneller Arbeitsnormen ausgeliefert sind. Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie Väter die Widersprüche flexibler Arbeitsmodelle im Kontext von Vereinbarkeitsansprüchen handhaben. Empirische Grundlage bilden problemzentrierte Interviews mit 32 Vätern aus familienfreundlichen Unternehmen und Verwaltungen der Schweiz. Die Resultate zeigen, dass flexible Arbeitsmodelle Vaterschaftspraxen nur auf symbolischer Ebene verändern, wenn sie von traditionellen Vorstellungen von Männlichkeit und Familie begleitet sind. Erst verknüpft mit partnerschaftlich-egalitären Vorstellungen und unterstützt von einer Arbeitskultur, welche der Sorgeverantwortung von Vätern ausdrücklich Rechnung trägt, können flexible Arbeitsformen auch bei Vätern zu einem Mehr an Familienzeit im Sinne einer gleichberechtigt(er)en Teilhabe an der Kindererziehung führen. Schlüsselwörter: Vaterschaft, Arbeitsorganisation, flexible Arbeitsmodelle, Vereinbarkeit, Zeitnormen, Sorgearbeit
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