Inhalt
Soziologiemagazin
2-2022 (Heft 26): Auseinanderdriften. Polarisierung, Radikalisierung und Konflikt
Hendrik Erz / Nils Haacke: Editorial: Auseinanderdriften. Polarisierung, Radikalisierung und Konflikt
Schwerpunkt
Hannah Lindner: Verhaltenslehren der Wärme. Polarisierung durch Identitätspolitiken?
Perspektive
Paul Weinheimer: Expert*innen und Lai*innen. Ein polarisiertes Verhältnis in der Corona-Pandemie
Forschungsnotizen
Miriam Tekath: Vermittlung zwischen polarisierten Differenzen. Konflikt- und Kooperationsdynamiken in senegalesischen Hochschulen
Paul Lachmann: Schüler*innen beruflicher Schulen – eine polarisierte Zielgruppe? Projekterfahrungen aus dem ländlichen Raum Osthessens
Aus der Redaktion
Veronika Riedl / Andreas Schulz-Tomančok: Soziologiemagazin goes DGS Kongress 2022. Kongressbericht
Literaturhinweise
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Abstracts
Verhaltenslehren der Wärme. Polarisierung durch Identitätspolitiken? (Hannah Lindner)
Unter dem Schlagwort Identitätspolitiken finden gegenwärtig Auseinandersetzungen über aufgeheizte politische Diskussionskultur statt. Eine gängige Kritik an Identitätspolitiken bezieht sich dabei auf deren angeblich vergemeinschaftende und polarisierende Tendenzen. Der vorliegende Text untersucht, inwiefern diese Kritik tatsächlich zutrifft und zieht dafür die Argumentationslinie zur Gegenüberstellung von warmer Gemeinschaft und kalter Gesellschaft heran, die von Helmuth Plessner formuliert wurde. Es wird die These aufgestellt, dass mit Polarisierung argumentierende Kritik an Identitätspolitiken sowohl bei deren Bewertung als vergemeinschaftend als auch in der Entwicklung eines scheinbar „gesellschaftlichen“ politischen Gegenmodells ihr Ziel verfehlt: Während einerseits verkannt wird, dass Identitätspolitiken zwar polarisierende Hitze entwickeln können, diese in ihrem Kernanliegen aber gerade nicht beinhalten, wird andererseits die Polarisierungsgefahr des eigenen Demokratieverständnisses übersehen. Zwischen kalter Gesellschaft und warmer Gemeinschaft plädiert der Text schließlich für eine politische Gemeinschaft der gemäßigten Temperatur. Schlagwörter: Identitätspolitiken; Polarisierung; warme Gemeinschaft; kalte Gesellschaft
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Expert*innen und Lai*innen. Ein polarisiertes Verhältnis in der Corona-Pandemie (Paul Weinheimer)
Der Konflikt um Wissen hat während der Corona-Pandemie zu einer Polarisierung innerhalb der Gesellschaft geführt. Dabei ist in diesem Perspektivenbeitrag vor allem das in der Pandemie von Spannungen geprägte Verhältnis von Expert*innen und Lai*innen von Interesse. Der Text untersucht ebendieses mit Hilfe von Ulrich Becks Überlegungen zur Risikogesellschaft (1986). Im Zuge der Diskussion stellt der Beitrag die Wichtigkeit einer zielgerichteten Kommunikation von Wissen in den Vordergrund, die dazu dienen soll, gesellschaftlicher Polarisierung entgegenzuwirken. Schlagwörter: Wissensgesellschaft; Expert*innen und Lai*innen; Corona-Pandemie
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Vermittlung zwischen polarisierten Differenzen. Konflikt- und Kooperationsdynamiken in senegalesischen Hochschulen (Miriam Tekath)
Politische Polarisierung prägt gleichermaßen politische Systeme wie alltägliche Lebenswelten. Die lebensweltliche Bedeutung polarisierter sozialer Differenzen wird in den stark institutionalistisch geführten Debatten um Konfliktbearbeitung in polarisierten Gesellschaften jedoch wenig beachtet. Dabei können gerade lebensweltliche Perspektiven wichtige konflikttheoretische Erkenntnisse für politisch polarisierte Gesellschaften generieren. Diese Forschungsnotiz geht daher der Frage nach, welche Konflikt- und Kooperationsdynamiken von sozialer Polarisierung geprägte Begegnungskontexte aufweisen. Als hochgradig diverse und insbesondere territorial polarisierte Kontexte bieten senegalesische Hochschulen dafür ein ideales Forschungsfeld. Aufbauend auf mehrfachen Forschungsaufenthalten im Senegal argumentiere ich, dass die Polarisierung territorialer Differenzen zwar situativ konfliktverschärfend wirkt, senegalesische Studierende jedoch auch auf ein breites Handlungsspektrum rekurrieren, um der Polarisierung zu begegnen. Friedlichen Kooperations- und polarisierten Konfliktdynamiken kommt somit eine gewisse Gleichzeitigkeit zu; die Betonung der relationalen Verbundenheit als Studierende in einem geteilten prekären Kontext hilft jedoch, zwischen den politisch polarisierten Differenzpositionen zu vermitteln. Schlagwörter: politische Polarisierung; Konflikt; Kooperation; territoriale Differenzen
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Schüler*innen beruflicher Schulen – eine polarisierte Zielgruppe? Projekterfahrungen aus dem ländlichen Raum Osthessens (Paul Lachmann)
In diesem Beitrag werden zentrale Ergebnisse des Projekts „Gestern wie heute – Haltung zeigen!“ vorgestellt. Das Projekt ist als Reaktion auf die Präsenz der extremen Rechten im öffentlichen Raum, die Alltäglichkeit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Hessen sowie die schlechte Lage politischer Bildung an beruflichen Schulen entstanden. Einerseits versucht es, die Resilienz der einzelnen teilnehmenden Schüler*innen und ihr Bewusstsein für gemeinschaftliche Konfliktlösung zu stärken. Andererseits ist mit dem maßgeblich pädagogisch arbeitenden Projekt auch ein wissenschaftliches Interesse verbunden. Schüler*innen beruflicher Schulen (SbS) sind in Einstellungserhebungen selten vertreten. In Studien heißt es meist: Je geringer die formale Bildung, desto weniger stehen die Schüler*innen für demokratische Werte ein und stimmen eher extrem rechten Einstellungsmerkmalen zu. Dieser Beitrag versucht, anhand der Ergebnisse einer eigenen Einstellungserhebung sowie qualitativer Beobachtungen die Frage zu beantworten, ob diese Verallgemeinerungen auch auf die bisher unsichtbar gebliebene Schüler*innenschaft an beruflichen Schulen zutreffen. Im vorliegenden Projekt offenbaren sich strukturelle Benachteiligungen für SbS, zudem deuten sich konflikthafte Gleichzeitigkeiten in den Werthaltungen der Schüler*innen an. Schlagwörter: Politische Bildung; Ehrenamt; extreme Rechte; soziale Polarisierung
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