Inhalt
ZPTh – Zeitschrift für Politische Theorie
2-2021: Themenschwerpunkt: Postkolonialität und die Krise der Demokratie
Gast-Hrsg.: Jeanette Ehrmann
Jeanette Ehrmann: Editorial der Gastherausgeberin
Übersetzung
Luciana Ballestrin: Postkoloniale Ungleichheiten im globalen Entdemokratisierungsprozess. Die Abwesenheit des Globalen Südens in der Debatte um die Krise liberaler Demokratien
Abhandlungen
Ina Kerner: Zur Kolonialität der liberalen Demokratie
Oliver Eberl: Indigene Bürgerschaft als Herausforderung für die Demokratietheorie
Gundula Ludwig: Demokratie und die Kolonialität der Gewalt. Konstitutive Verwobenheiten und aktuelle Verdichtungen
Weitere Abhandlungen
Marco Bitschnau: Sexualpolitische Dimorphismen. Populistischer Homozivilisationismus als rechtes Zukunftsprojekt
Skadi Krause: Die Figur des aktiven Bürgers in der politischen Ideengeschichte. Republikanisches Ethos und demokratisches Selbstverständnis
Rezensionen
Eric Otieno Sumba: Die euro-nordatlantische Demokratiekrise als Kehrseite der Krise postkolonialer Selbstbestimmung
Tobias Schottdorf: Die Wiederkehr des nie Verschwundenen: Zur Relevanz der Ideologieforschung
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Abstracts
Zur Kolonialität der liberalen Demokratie (Ina Kerner)
Eine Krise der liberalen Demokratie wird in letzter Zeit häufig beschworen; ihre Kolonialität wird dabei selten berücksichtigt. Dieser Aufsatz zeigt auf, wie eine solche Berücksichtigung aussehen könnte. Unter Rückgriff auf ausgewählte Positionen der postkolonialen Theorie macht er in einem ersten Schritt die These stark, dass die westliche Demokratie der Neuzeit von Anbeginn durch koloniale Macht- und Herrschaftskonstellationen geprägt war. In einem zweiten Schritt verdeutlicht der Aufsatz, dass selbst westliche Modelle der Demokratie von nicht-westlichen Quellen gespeist sind. Ferner diskutiert er nicht-westliche demokratische Regierungssysteme, die von Maßstäben guter Regierungsführung getragen sind, die westliche Modelle liberaler Demokratie vergleichsweise undemokratisch aussehen lassen. Das Fazit geht der Frage nach den theoretischen und praktischen Implikationen der postkolonialen Demokratiekritik nach. Schlüsselwörter: Demokratie, Demokratisierung, Imperialismus, Indigenität, Kolonialismus Postkolonialismus, Rassismus
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Indigene Bürgerschaft als Herausforderung für die Demokratietheorie (Oliver Eberl)
In der Demokratietheorie wird Bürgerschaft als Vereinigung von Freien und Gleichen zur Selbstgesetzgebung verstanden. In kolonialen Staaten kann diese Vereinigung nur gelingen, wenn die indigene Bevölkerung entweder komplett exkludiert oder komplett assimiliert wird. In beiden Varianten verlängert Bürgerschaft den Kolonialismus. Daher muss Bürgerschaft in postkolonialen Situationen anders gedacht werden. Indigene Bürgerschaft in ehemals kolonialen Siedlerstaaten stellt eine Form indigener Selbstbestimmung unterhalb staatlicher Souveränität dar. Der Beitrag deutet diese Form der Bürgerschaft als ursprünglichen antikolonialen Souveränitätsanspruch indigener Gruppen. Es wird gezeigt, dass dieser Anspruch von Iris Marion Young und Will Kymlicka in ihren Theorien multikultureller Bürgerschaft, die sich als eine der wenigen um die Berücksichtigung indigener Gruppen bemühen, falsch verstanden und übergangen wurde. Am Beispiel der Unabhängigkeitsreferenden in Neukaledonien wird die Herausforderung, vor der die indigene Bürgerschaft die Demokratietheorie stellt, verdeutlicht: Zur Integration indigener Bürgerschaft in die Demokratietheorie bedarf es einer Theorie der Bürgerschaft, die geteilte Souveränitätsansprüche und abweichende Mitgliedschaftskriterien anerkennt und integriert. Schlüsselwörter: Kolonialismus, Bürgerschaft, Unabhängigkeit, Indigene, Demokratietheorie
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Demokratie und die Kolonialität der Gewalt. Konstitutive Verwobenheiten und aktuelle Verdichtungen (Gundula Ludwig)
Während liberalen Demokratietheorien Gewalt als das Andere von Demokratie gilt, haben post- und dekoloniale Theorien den Nachweis erbracht, dass Gewalt ein grundlegendes Element moderner Ordnungen und liberaler Demokratien ist. Von einem weiten Verständnis von Demokratie ausgehend, das diese auch als Lebensform und Subjektivierungsweise versteht, erörtert der Text erstens die Frage, auf welchen gewaltvollen diskursiven Voraussetzungen die Konstitution des Subjekts in der liberalen Demokratie beruht. Es wird dargelegt, wie die Figur des autonomen, souveränen Individuums auf der gewaltvollen „Kolonialität von Macht“ (Quijano 2000) beruht, das ein demokratisches Verständnis von Politik letztlich verunmöglicht. Aus intersektionaler Perspektive wird gezeigt, wie sich in der gewaltvollen Konstitution des demokratischen Subjekts Rassismus, Kolonialismus, Geschlechter- und Sexualitätsverhältnisse miteinander verschränken. Zweitens werden die Erkenntnisse zur Verwobenheit der ‚Kolonialität der Gewalt‘ und Demokratie in Dialog mit Ansätzen radikaler Demokratietheorie gebracht. Hier wird erörtert, wie die radikaldemokratische Kritik mittels post- und dekolonialer Perspektive rekonzeptualisiert werden muss, wenn sie auch die gewaltvollen Fundamente liberaler moderner Demokratie radikal kritisieren will. Daran anschließend wird drittens dargelegt, dass die gegenwärtige Krise der Demokratie aus der hier entwickelten Perspektive eine durchweg systemische ist. Die aktuelle Krise der Demokratie wird als Verdichtung des in der liberal-kolonialen Konstruktion des demokratischen Subjekts angelegten undemokratischen Subtextes ausgewiesen. Den Schluss des Textes bilden Überlegungen zu Wegen der Dekolonisierung von Demokratie. Schlüsselwörter: Kolonialiät der Macht, Gewalt, Androzentrismus, Eurozentrismus, Subjektivierung, Relationalität, radikale Demokratietheorie
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Sexualpolitische Dimorphismen. Populistischer Homozivilisationismus als rechtes Zukunftsprojekt (Marco Bitschnau)
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit sexualpolitischen Positionierungen innerhalb des europäischen Rechtspopulismus. Vor dem Hintergrund der beständig wachsenden Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Beziehungen und des zugleich immer stärker aufscheinenden Nutzwertes der Thematik für die Popularisierung und Legitimierung islamfeindlicher Diskursmuster stellt sich für Rechtspopulist*innen zunehmend die Frage, inwieweit strategische Haltungswechsel in Fragen der Sexualpolitik eine erfolgversprechende Zukunftsperspektive darstellen. Ausgehend von einer näheren Betrachtung der rechtspopulistischen Positionsvarianz wird argumentiert, dass ein anti-islamisch grundierter Homozivilisationismus als Variation des in der Literatur gängigen nationalstaatszentrierten Homonationalismus in West- und Mitteleuropa bereits in Ansätzen vorhanden ist und künftig wohl noch stärker akzentuiert werden dürfte. Schlüsselwörter: LGBTQ*, Liberalismus, Rechtspopulismus, Homozivilisationismus, Homonationalismus, Sexualpolitik, Islam
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Die Figur des aktiven Bürgers in der politischen Ideengeschichte. Republikanisches Ethos und demokratisches Selbstverständnis (Skadi Krause)
Behandelt werden in diesem Aufsatz die wichtigsten Diskursfelder zur Figur des aktiven Bürgers in der politischen Ideengeschichte. Der Rekurs auf die republikanische Tradition dient dabei als Mittel politiktheoretischer Selbstverständigung und normativer Orientierung, insofern er es ermöglicht, heutige Differenzen zu markieren und, was noch weit entscheidender ist, historische Transformationsprozesse zu beschreiben, die unser heutiges demokratisches (Selbst‐)Verständnis bestimmen und formen. Schlüsselwörter: Transformation der Demokratie, Republikanismus, Gemeinsinn, politisches Handeln, Bürger
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