Beschreibung
Vorstellungen von Kindheit und vom Kind sind soziale Konstruktionen und als solche eng mit den Werten und Normen einer Gesellschaft verknüpft, so die Prämisse der sozialwissenschaftlichen Kindheitsforschung. Die Studie untersucht die Prägung dieser Vorstellungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Analysiert wird der schulische Diskurs zu Kindern und Kindheit in deutschschweizerischen Lehrervereinszeitschriften mittels konstruktivistischer Grounded Theory. Es zeigt sich, dass Kinder durchwegs defizitär konstruiert werden und in der Schule eine strikt asymmetrische generationale Ordnung herrscht. Damit legitimieren Lehrpersonen ihr Ziel, in der Gesellschaft als professioneller Berufsstand anerkannt zu werden.
Wandeln sich Werte und Normen einer Gesellschaft, so wandeln sich auch die Vorstellungen von Kindheit und vom Kind. Dieses Prinzip gilt auch für die Volksschule als zentrales Subsystem der Gesellschaft und Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Studie: Verändert sich der gesamtgesellschaftliche Rahmen, werden Zielsetzungen der Schule aktualisiert und in der Folge legen sich Lehrpersonen neue Vorstellungen des Schulkinds zurecht.
Diese Prozesslinie wird im hier untersuchten Zeitraum, den mittleren Dezennien des 19. Jahrhunderts, in der Schweiz von zwei wirkmächtigen Variablen beeinflusst, welche die Vorstellungen von Kindheit und vom Kind prägen: der Professionalisierung des Lehrberufs sowie der konfessionellen Zugehörigkeit der Lehrpersonen. Vor diesem Hintergrund arbeitet die Studie vielfältige Vorstellungen von Kindheit und vom Schulkind heraus, rekonstruiert dahinterliegende Motive von Lehrpersonen und verortet sie in einem äusserst bewegten Zeitabschnitt, in dem konservative und liberale Kräfte aufeinanderprallen. Die herausgearbeiteten Erkenntnisse dürften auch für mitteleuropäische Verhältnisse repräsentativ sein.
Analysematerial sind Artikel der drei bedeutendsten deutschschweizerischen Lehrervereinszeitschriften – je eine katholische, liberale und evangelische –, die mittels konstruktivistischer Grounded Theory analysiert werden. Der induktiv-deduktiv fortschreitende Theoriebildungsprozess wird mit einer Fülle von Zitaten dokumentiert, welche einen umfassenden Einblick in die Debatten über Kinder-/Kindheits‑, Erziehungs-/Bildungs- sowie Unterrichts- und Schulvorstellungen ermöglichen.
Die Forschungsergebnisse erhärten insgesamt die Hauptthese dieser Studie, wonach pädagogische Vorstellungen von Kindheit und vom Kind kontextabhängige soziale Konstruktionen sind.
Inhaltsverzeichnis + Leseprobe
Der Autor:
Dr. Andreas Zollinger, Dozent an der Pädagogischen Hochschule Fachhochschule Nordwestschweiz
Hier finden Sie den Waschzettel zum Buch (pdf- Infoblatt)
Die Zielgruppe:
Forschende und Lehrende der Erziehungswissenschaft
Bewertungen
Es gibt noch keine Bewertungen.