Inhalt
ZPTh – Zeitschrift für Politische Theorie
1-2023: Themenschwerpunkt: Die Auflösung des liberalen Konsenses
Gast-Hrsg.: Karsten Schubert & Kolja Möller
Karsten Schubert / Kolja Möller: Die Auflösung des liberalen Konsenses: Suchbewegungen in der Krise der liberalen Demokratie (Editorial der Gastherausgeber)
Abhandlungen zum Themenschwerpunkt
Maximilian Pichl: Kämpfe um den Rechtsstaat. Eine historisch-materialistische Perspektive
Daniel Keil: Europäische Staatlichkeit in der posthegemonialen Konstellation
Alexander Stulpe: Republikanismus und Resilienz. Elemente einer Politischen Theorie der Lebensfähigkeit liberaler Demokratien
Tim Wihl: Die Demo als Revolte? Vorläufige Überlegungen zu einer politisch-juristischen Theorie der Demonstration in der liberalen Demokratie (im Open Access verfügbar)
Weitere Abhandlungen
Tamara Jugov: Wann ist eine Utopie hinreichend realistisch? Ideale Gerechtigkeitstheorien in der Diskussion
Ideengeschichtliche Fundstücke
Marcus Llanque: Einleitung zum Wiederabdruck des Vortrags „Der Beamte im sozialen Volksstaat“ von Hermann Heller
Hermann Heller: Der Beamte im sozialen Volksstaat
Rezensionen
Lothar R. Waas: Verhaftet den Hauptangeklagten unter den übrigen Verdächtigen! – Die „Dekolonisierung“ politischer Theorie oder Hobbesius redivivus?
Laila Riedmiller: Immanuel Kant, der verkannte Radikaldemokrat?
Nachruf
Berthold Franke: Aufklärung ohne Heilsgewissheit. Nachruf auf den kritischen Politikwissenschaftler Kurt Lenk
Inhaltsverzeichnis herunterladen
Leseproben
Einzelbeitrag-Download (Open Access/Gebühr): zpth.budrich-journals.de
Sie können sich hier für den ZPTh-Alert anmelden.
Abstracts
Kämpfe um den Rechtsstaat. Eine historisch-materialistische Perspektive (Maximilian Pichl)
Die Krise des liberalen Konsenses ist auch eine Krise des Rechtsstaates. Der Rechtsstaat entstand in langwierigen historischen Kampfzyklen als eine rechtsförmige Apparatur, die das neu entstandene staatliche Gewaltmonopol umfassend kontrollieren sollte. Dieses liberale, aber an den Nationalstaat gebundene Modell war lange Zeit hegemonial. Doch der Rechtsstaat ist erneut dynamisch umkämpft. Neoliberale Strategien zielen auf eine Umgehung rechtsstaatlicher Strukturen, national-konservative Ansätze verteidigen das territoriale Rechtsstaatsmodell gegen die Transnationalisierung und autoritäre Akteur:innen demontieren die Institutionen und Verfahren des Rechtsstaates. Durch eine materialistische Analyse wird gezeigt, wie der Rechtsstaat aus politischen und rechtlichen Kämpfen entstanden ist und wie der aktuelle Kampfzyklus eingeordnet werden kann. Schlüsselwörter: Autoritarismus, Liberalismus, Hegemonie, Kämpfe, Rechtsstaat
» Einzelbeitrag kaufen (Budrich Journals)
Europäische Staatlichkeit in der posthegemonialen Konstellation (Daniel Keil)
Die Europäische Union befindet sich in einer umfassenden Krise, die sich von der Euro- und Finanzkrise der 2010er Jahre bis zu den disruptiven Ereignissen der Corona-Krise erstreckt. Deren politische Bearbeitung und jeweiligen Ursachen werden gegenwärtig in den Politik- und Sozialwissenschaften sehr unterschiedlich beobachtet: Eine der häufigsten Annahmen sieht eine neue gesellschaftliche Spaltungslinie zwischen Globalisierung und Nationalstaat. Andere sehen die Krise als Effekt eines sich selbst überlebenden Neoliberalismus, der sich derart in die staatlichen Institutionen eingeschrieben habe, dass alternative Entwicklungspfade blockiert werden. Der Artikel greift die Fäden dieser verschiedenen Debatten beziehungsweise Ansätze auf und bündelt sie aus einer staats- und hegemonietheoretischen Perspektive neu. Durch diese theoretische Perspektive wird es möglich, die unterschiedlichen Krisen und ihre Bearbeitung in ihrem Zusammenspiel zu analysieren. Es entsteht eine posthegemoniale Konstellation, die maßgeblich durch die Entwicklungen europäischer Staatlichkeit in der Krise geprägt ist. Schlüsselwörter: Europäische Integration, Staatstheorie, Krise, Autoritarismus, Hegemonie
» Einzelbeitrag kaufen (Budrich Journals)
Republikanismus und Resilienz. Elemente einer Politischen Theorie der Lebensfähigkeit liberaler Demokratien (Alexander Stulpe)
Ausgehend von Charles Taylors ‚republikanischer These‘ hebt der Artikel eine besondere Stärke der liberalen Demokratie hervor: Aufgrund derjenigen normativen Orientierungen ihrer Bürger:innen, die als funktional notwendige Bedingungen ihrer Existenz vorausgesetzt werden müssen, verfügt sie über eine besondere Quelle gesellschaftlicher Resilienz, durch die sie die gegenwärtigen, durch autoritäre Infragestellungen und Anfeindungen geprägten Herausforderungen bewältigen kann. Hierzu wird ein im Anschluss an Niklas Luhmann sozialtheoretisch reflektierter Begriff gesellschaftlicher Resilienz entwickelt, der normativ-rekonstruktiv im Sinne der Kritischen Theorie Axel Honneths auf die von Taylor als Patriotismus angesprochenen sozialmoralischen Ressourcen angewendet wird. Für diese Ressourcen, erweitert um neorömisch-republikanische Motive, wird der Begriff einer auch für liberale Demokratien notwendigen ‚republikanischen Disposition‘ eingeführt. Schlüsselwörter: Republikanische Theorie, Resilienz-Begriff, evolutionistische Systemtheorie, liberale Demokratie vs. Autoritarismus, hybride Kriegsführung, Freiheit und Sicherheit, normative Rekonstruktion, republikanische Disposition
» Einzelbeitrag kaufen (Budrich Journals)
Die Demo als Revolte? Vorläufige Überlegungen zu einer politisch-juristischen Theorie der Demonstration in der liberalen Demokratie (Tim Wihl)
Was macht eine Demonstration aus – politik-, rechts- und verfassungstheoretisch? Worin unterscheidet sie sich von einer Revolution oder einer Rebellion? Ist eine Demo mit einer kollektiven Meinungsäußerung gleichzusetzen? In dem Beitrag wird das Phänomen Demo vor dem Hintergrund der Demokratietheorie, der Menschenrechte und neuerer Revolutionstheorie eingeordnet. Es zeigt sich, dass Demos in liberalen Systemen in der Krise am ehesten die Funktion „plebejischer“ – manchmal aber auch, scharf davon abzugrenzender, „populistischer“ – Revolten erfüllen könnten: als Symbole und Praxen der Gegenmacht. Schlüsselwörter: Demonstration, Protest, Demokratie, Legitimation, Repräsentation
» Einzelbeitrag kostenlos herunterladen (Budrich Journals)
Wann ist eine Utopie hinreichend realistisch? Ideale Gerechtigkeitstheorien in der Diskussion (Tamara Jugov)
Der Beitrag versteht die Debatte um die angemessene Abstraktionshöhe von Gerechtigkeitstheorien als eine Diskussion darüber, ob (und an welcher Stelle) empirische Fakten bei der Konstruktion der Theorie berücksichtigt werden sollten. Aber wie lässt sich die Frage entscheiden, welchen Grad an Realismus beziehungsweise Utopismus eine Theorie der Gerechtigkeit haben sollte? Der Beitrag entwickelt hierfür zwei Kriterien: Erstens darf eine Gerechtigkeitstheorie nicht auf unzulässigen Idealisierungen beruhen, das heißt sie darf keine partikularen empirischen Fakten als universell gegebene voraussetzen und so ihren Geltungsbereich auf zu wenige Fälle einschränken. Zweitens darf eine Gerechtigkeitstheorie nicht zu abstrakt werden, indem sie von solchen Fakten abstrahiert, die für die Beschreibung von Gerechtigkeitsproblemen konstitutiv sind. Dieser Vorgang lässt eine Theorie zu stark utopisch werden. Als für Gerechtigkeitsfragen konstitutive empirische Fakten identifiziert der Beitrag, erstens, moralischen Dissens sowie, zweitens, Strukturen sozialer Macht. Als Folge dieser Überlegungen muss Rawls’ Unterscheidung zwischen idealer und nicht-idealer Theorie zugunsten eines kritischen und negativistischen Ansatzes verworfen werden. Schlüsselwörter: Gerechtigkeit, Gerechtigkeitstheorien, ideale / nicht-ideale Theorie, Realismus, Utopismus
» Einzelbeitrag kaufen (Budrich Journals)
Bewertungen
Es gibt noch keine Bewertungen.