Beschreibung
Architektur ist ein zentraler Faktor einer Kultur. In der westlichen Kultur prägten die Regeln des Decorum, einer Einheit aus Form und Bedeutung, über Jahrtausende das Bauwesen. Evolutionstheoretische Erkenntnisse lassen vermuten, dass diese artifiziellen, kulturellen Lebensräume, ihre Organisations- und Gestaltungsregeln, Einfluss auf die Entwicklung der sie bevölkernden Menschen genommen hat und auch weiterhin nimmt – im Guten wie im Schlechten. Der Autor nimmt eine kulturanthropologische Spurensuche anhand neurowissenschaftlicher Wahrnehmungsexperimente vor, um dieses Phänomen zu beschreiben.
Das klassische Decorum, eine Einheit aus Form und Bedeutung, mit seinen Gestaltungsregeln prägte das europäische Bauwesen über einen Zeitraum von einigen 1000 Jahren. Für die vorliegende kulturanthropologische Untersuchung wurden die Regeln des Decorum zur Stimuli Genese genutzt und die Fassadengestaltung der Architektur ins Labor übertragen, um einer kulturellen und biologischen Co-Evolution nachzugehen.Das durch die Experimente gewonnene neurophysiologische Korrelat der Architekturwahrnehmung zeigt deutliche Unterschiede zwischen den beobachteten Gebäudetypen. Aufgrund dieser Ergebnisse kann vermutet werden, dass spezifische Designs bei einem entsprechend enkulturierten Betrachter einen kulturellen Vertrautheitseffekt auslösen. Die kulturellen Gestaltungsregeln schlagen sich somit auf einer neuronalen, unbewussten Ebene nieder, was positive wie negative Effekte haben kann.Die aus der evolutionstheoretischen und expertimentellen Perspektive gewonnene Einsicht in die Kultur könnte hilfreich sein, um drohende Kulturkatastrophen besser zu verstehen und ihnen eventuell sogar gezielt entgegenzuwirken.
Der Autor:
Dr. phil. Dipl.-Des. Rainer Gabriel, Forschungsgruppe TRACE, freiberuflicher Künstler und Forscher
Der Fachbereich:
Society
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