Beschreibung
Erziehungsverhältnisse laufen immer Gefahr, Gewalt hervorzubringen. Gewalt wiederum hat auch oft einen Bezug zum Sexuellen. Dieser Band thematisiert die Dynamiken von pädagogischen Verhältnissen und Beziehungen angesichts der Gegenwart des Sexuellen und deren strukturell gegebene Gewaltförmigkeit. Das Spektrum der Beiträge reicht von grundlegenden Überlegungen zum Verhältnis von Gewalt und Sexualität bis hin zu Forschungsberichten aus pädagogischen Handlungsfeldern.
Es ist ein Kennzeichen pädagogischer Beziehungen, dass die Ambivalenzen von Nähe und Abhängigkeit, von Empathie und Distanz hier ganz besonders wirksam sind. Weil pädagogische Erziehungsverhältnisse durch strukturell ungleiche Machtverteilungen geprägt sind – aufgrund von generationalen Konstellationen sowie auch in institutionellen Kontexten – laufen sie immer auch Gefahr, gewaltförmige Seiten hervorzubringen, wie etwa Praxen der Beschämung oder Strafe und Formen von Zwang, sei es durch explizite pädagogische Strategien, durch subtile Arrangements oder durch reformpädagogische verbrämte Formen der Selbstregierung.
Gewalt hat aber immer auch einen Bezug zum Sexuellen, etwa in der Verbindung zu sexualisiertem Lustgewinn oder der Lust, die aus Dominanz und Überwältigung erwächst, oder den Folgen, die Gewaltwiderfahrnisse auf intime Beziehungen haben können. Zudem spielen in gewaltförmigen Konstellationen – auch zwischen Kindern und Jugendlichen – immer auch normative Konzepte von Heterosexualität, von ‚männlich‘ oder ‚weiblich‘ und von ‚Angemessenheit‘ in Bezug auf sexuelle Orientierungen, Verhalten und Selbstdarstellung eine wichtige Rolle, auch wenn diese Dimension aus den Reflexionen der Erziehungswissenschaft über ihre Grundlagen und Praxen weitestgehend ausgeblendet ist. Wie unsicher die Disziplin in dieser Hinsicht ist, hat sich in den Diskussionen der letzten Jahre deutlich gezeigt, vor allem in der Tendenz, Übertretungen ethischer Grenzen fast ausschließlich als je individuelle Verfehlungen von Personen oder Einrichtungen zu diskutieren und die strukturelle Dimension dabei unterbelichtet zu lassen.
Der Band leistet einen Beitrag dazu, die strukturelle Gewaltförmigkeit in Erziehungsverhältnissen vor allem in ihrer Verbindung mit dem Sexuellen genauer zu verstehen. Das Spektrum der Beiträge reicht von grundlegenden Überlegungen zum Verhältnis von Gewalt und Sexualität bis hin zu Forschungsberichten aus pädagogischen Handlungsfeldern.
Die HerausgeberInnen:
Dr. Claudia Mahs,
Geschäftsführerin des Zentrums für Geschlechterstudien/ Gender Studies, Fakultät für Kulturwissenschaften, Universität Paderborn
Prof. Dr. Barbara Rendtorff,
wissenschaftliche Leiterin des Zentrums für Geschlechterstudien/Gender Studies, Fakultät für Kulturwissenschaften, Universität Paderborn
Dr. Thomas Viola Rieske,
wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V., Berlin
Hier finden Sie den Waschzettel zum Buch (pdf- Infoblatt).
Zielgruppen: PädagogInnen, ErziehungswissenschaftlerInnen, Studierende und Lehrende sowie Interessierte der Geschlechterforschung
Keywords: Erziehung, Gewalt, Sexualität
Fachbereiche: Geschlechterforschung, Erziehungswissenschaft
Anna Ruhe –
In den Beiträgen des Herausgeberbandes „Erziehung, Gewalt, Sexualität. Zum Verhältnis von Geschlecht und Gewalt in Erziehung und Bildung“ werden die unterschiedlichsten familialen und pädagogischen Bereiche beleuchtet, in denen (sexualisierte) Gewalt eine Rolle spielt bzw. spielen kann. Das Buch, das als Einführung in das Thema sexualisierte Gewalt aufgrund der sehr spezifischen Schwerpunkte, weniger geeignet ist, dient Studierenden der Erziehungswissenschaft, der Sozialpädagogik, aber auch der Lehrämter vor allem zur Vertiefung und genaueren Betrachtung einzelner sehr spezifischer Bereiche – zum Beispiel im Rahmen einer Abschlussarbeit.
Das Buch ist mit den drei Blöcken zu historischen/theoretischen Perspektiven, familialen Erziehungsverhältnissen und den pädagogischen Feldern gut und nachvollziehbar aufgebaut. Die Beiträge und Forschungsberichte sind verständlich geschrieben und in Bezug auf die Aktualität der Thematisierung von (sexualisierter) Gewalt als strukturelles Problem in pädagogischen Kontexten sehr interessant und hochaktuell. Aus diesem Grund ist das Buch Studierenden in o.g. Fächern, aber auch in pädagogischen Feldern praktisch tätigen Personen – insbesondere in den im Buch in den Blick genommenen Institutionen – zu empfehlen.