Beschreibung
Dieses Buch ist die erste systematische, historisch-kritische Darstellung der sechzigjährigen Geschichte des SOS-Kinderdorf e.V. in Deutschland. Diese Geschichte ist wesentlich bestimmt durch das Spannungsverhältnis von Bewahrung der auf Hermann Gmeiner zurückgehenden Ursprünge und Grundlagen einerseits und ihrer notwendigen Weiterentwicklung andererseits. Der Autor macht das oft mühsame Ringen um die richtigen Wege und die notwendigen Veränderungsschritte diskursgeschichtlich nachvollziehbar. Er interpretiert sie zum einen durch ihre Einbettung in zeitgeschichtliche Zusammenhänge und sozialpolitische Hintergründe, zum anderen durch den Rekurs auf das sozialwissenschaftliche Wissen über die Dynamik und Entwicklungsbedingungen sozialer Organisationen. Das Buch stützt sich auf eine Auswertung des gesamten Archivs des Vereins und auf eine große Zahl von Zeitzeugen- und Experteninterviews. Grafiken, Tabellen, Faksimiles und Fotos veranschaulichen den Bericht.
Seit 1955 engagiert sich der deutsche SOS-Kinderdorf e.V. national und international für das Wohl von Kindern, Jugendlichen und Familien. Hermann Gmeiner hat die Arbeit des Vereins durch seine Grundidee stark normativ geprägt. Er hat mit seinen damals modernen Finanzierungsideen ein Erfolgsmodell begründet, aus dem eine weltweite Bewegung entstanden ist. Seine auf dem Engagement von Kinderdorfmüttern fußende Konzeption zeigte zunächst eine gewisse Skepsis gegenüber Fachlichkeit und Professionalisierung, grenzte sich deutlich ab von der zeitgenössischen Heimerziehung und bedeutete generell eine starke normative Abschottung gegenüber der Jugendhilfe. Sie erwies sich einerseits als eine kraftvolle Wertegrundlage und motivierendes Erbe, andererseits als eine Hypothek für die inhaltliche Weiterentwicklung. Es ziehen sich Entwicklungsschübe mit zum Teil großen internen Konflikten zwischen Bewahrern und Erneuerern durch die Geschichte von SOS. Beispielhaft ist hier die Auseinandersetzung um die sogenannte „Aufgabenerweiterung“ zu nennen, die zur Gründung von Erziehungsberatungsstellen, von präventiven Angeboten wie z.B. Mütterzentren oder von Berufsausbildungszentren führte. Es war anfangs im Verein sehr umstritten, ob das nicht die Identität der SOS-Arbeit, die sich auf Kinderdorffamilien konzentrierte, verwässerte und ihr Profil undeutlich machte. Der Verein reagierte darauf mit einer bemerkenswerten Intensivierung der internen Kommunikation. Große vereinsweite Tagungen dienten der Aufarbeitung der internen Differenzen und auch der Selbstvergewisserung über die verbindenden Grundwerte.
Der Autor:
Univ.-Prof. em. Dr. rer. soc. habil. Richard Münchmeier
studierte Evangelische Theologie, Psychologie, Soziologie und Erziehungswissenschaft. Er war Leiter der Abteilung Jugend- und Jugendhilfeforschung am Deutschen Jugendinstitut e.V. in München und wirkte als Hochschullehrer an den Universitäten Kassel, Leipzig und an der Freien Universität Berlin. Er übernahm mehrere Gastprofessuren im In- und Ausland und arbeitete in zahlreichen Gremien der Politik- und Praxis beratung mit. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Feldern Geschichte der Kinder- und Jugend hilfe, Jugend- und Jugendhilfeforschung, sozialer und gesellschaftlicher Wandel.
Hier finden Sie den Waschzettel zum Buch (pdf- Infoblatt).
Zielgruppen: Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Studierende im Bereich Kinder- und Jugendhilfe, MitarbeiterInnen in Jugendämtern
Keywords: SOS-Kinderdorf, Kinder- und Jugendhilfe, Heimerziehung
Fachbereiche: Erziehungswissenschaft, Soziale Arbeit
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