Inhalt
Femina Politica – Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft
1-2025: „It’s complicated!“ Geschichts- und Erinnerungspolitik in feministischer Perspektive
Schwerpunkt
Andrea Genest / Silke Schneider: „It’s complicated!“ Geschichts- und Erinnerungspolitik in feministischer Perspektive. Eine Einleitung
Gabriele Fischer / Antonia Rode: Trauer, Kritik, Widerstand – Frauen als Akteurinnen des Erinnerns an Todesopfer rechter Gewalt. Überlegungen und Ansätze zur Adressierung von Gender in der Forschung zu Erinnerungspraktiken
Nina Elena Eggers: Das Narrativ der verlorenen Männlichkeit als erinnerungspolitische Intervention. Zum Antifeminismus neurechter Geschichtspolitiken
Rebekka Blum: Ohne Begriff keine Erinnerung? Fragen nach den Auswirkungen einer fehlenden Auseinandersetzung mit Antifeminismus
Celina Beck / Emma Lakkala: Rewriting Femininity: Tradwives, Visual Aesthetics of Class, and Politics of Remembrance
Đermana Kurić / Vanja Petrović: The Muslim Woman and Contemporary Feminist Meaning-Making in the Post-Yugoslav Space: Can AFŽ’s “Veil Lifting” Campaign be Understood as Wholly Emancipatory?
Rita Schäfer: Feministische Perspektiven auf Geschichtsdeutungen und Erinnerungspolitik in Südafrika
Forum
Meryem Choukri / Thu Hoài Tran / Miriam Yosef: Wege zu Bündnissen – Zurück in die Zukunft
Mia Vökler: Vom drohenden Selbstwiderspruch einer relationalen Utopie – Das revolutionäre Übergangsdilemma bei Butler, Adamczak und von Redecker
Christine Rudolf / Verena Löffler: Unbezahlte Arbeit und ihre gesellschaftliche und ökonomische Einordnung. Eine jährliche Berechnung für Deutschland von 2012 bis 2021
Tagespolitik
Mechthild Exo / Christine Löw: Nach Assads Sturz: Der Syrische Frauenrat fordert eine geschlechtergerechte, inklusive, selbstbestimmte Gesellschaftsordnung (im Open Access verfügbar)
Eddi Steinfeldt-Mehrtens: Schrödingers Selbstbestimmung. Gedanken zum Selbstbestimmungsgesetz
Frauke Petersen: Freiheit, Gesundheit und § 218 StGB. Reformansätze der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs aus Parlament und Gesellschaft
Joyce Marie Mushaben: Backlash! Trump 2.0 und der erneute Kampf um die Gleichberechtigung
Anne Schlüter: Zur Erinnerung an Prof. Dr. Sigrid Metz-Göckel (18.8.1940 – 11.2.2025)
Lehre und Forschung
Karin Stögner: Exklusive Solidarität – die Ausblendung von Antisemitismus in intersektionalen und postkolonialen Ansätzen (im Open Access verfügbar)
Louise K. Davidson-Schmich: A harbinger of things to come in the US? Academic Freedom in Florida since 2019 (im Open Access verfügbar)
Rezensionen
Gabriele Wilde: Eva Kreisky: Diskreter Maskulinismus. Kritische Zeitdiagnosen
Ragna Verhoeven: Inga Nüthen: Geschlecht, Sexualität und Politik: Aspekte queer_feministischer Politikverständnisse
Cari Maier / Anna Steenblock: Christina Engelmann und Lisa Yashodhara Haller (Hg.): Materialistischer Feminismus. Gegenwartsanalysen zu Geschlecht im Kapitalismus
Juliane Lang / Marie Reusch: Sammelrezension: Rechtsextremismus und Homosexualität
Julia Lepperhoff: Susanne Boehm: Die Frauengesundheitsbewegung. Kritik als Politikum
Monika Schamschula: Helga Krüger-Kirn: Mütterlichkeit braucht kein Geschlecht. Fürsorge als gesamtgesellschaftliche Herausforderung
Einzelbeitrag-Download (Open Access/Gebühr): fempol.budrich-journals.de
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Abstracts
Trauer, Kritik, Widerstand – Frauen als Akteurinnen des Erinnerns an Todesopfer rechter Gewalt. Überlegungen und Ansätze zur Adressierung von Gender in der Forschung zu Erinnerungspraktiken (Gabriele Fischer, Antonia Rode)
Es gibt mehr als 300 Todesopfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Deutschland nach 1945. Viele werden nicht oder erst nach Jahren als Opfer rechter Gewalt anerkannt und in den meisten Fällen fehlt bis heute öffentliches Erinnern und Gedenken. Seit der Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) im Jahr 2011 lässt sich eine Veränderung feststellen. Betroffene und Angehörige von Opfern sprechen und reklamieren die Bedeutung ihrer Perspektiven. Empirisch zeigt sich, dass wichtige Akteur*innen in den Aushandlungsprozessen des Erinnerns Frauen sind. Mütter, Töchter und Schwestern von Opfern ergreifen das Wort und prägen den Diskurs und die Praktiken des Erinnerns. Bislang existiert dazu noch keine Forschung. In diesem Beitrag diskutieren wir die Relevanz der Analysekategorie Gender für die Rekonstruktion des (Nicht)Erinnerns an Todesopfer rechter Gewalt. Auf der Basis von theoretischen Überlegungen zu Erinnern, Trauer und Gender sowie internationalen Forschungen zu Erinnerungskämpfen von Frauen wie der Madres de Plaza de Mayo in Argentinien und der Madres de Plaza de Mayo entwickeln wir Ansatzpunkte, wie Gender in die Analyse einbezogen werden kann. Schlagworte: Rechtsextremismus, Erinnerungspraxis, Madres de Plaza de Mayo, NSU
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Das Narrativ der verlorenen Männlichkeit als erinnerungspolitische Intervention. Zum Antifeminismus neurechter Geschichtspolitiken (Nina Eggers)
Die Neue Rechte interveniert aktiv in erinnerungspolitische Diskurse. Der Beitrag zeigt, dass neben der gezielten Holocaust-Relativierung, dabei auch ein dezidiert antifeministisches Erinnern zu erkennen ist, das über das Aufrufen eines Narrativs von der verlorenen Männlichkeit arbeitet. Am Beispiel des autobiographisch flankierten Erzählens von Jürgen Elsässer und Ellen Kositza wird exemplarisch verdeutlicht, wie neurechtes Erinnern Feminismus zugleich abwertet und partiell vereinnahmt. Das antifeministische Erinnern der Neuen Rechte, so die These, ist Teil einer maskulinistischen Herrschaftsstrategie, die von ihren männlichen wie auch weiblichen Protagonist*innen bedient wird. Um dies zu zeigen, entwickelt der Beitrag einen narrativtheoretischen Zugang zum Erinnern und argumentiert, dass gerade der Rückgriff auf die persönliche Erfahrung den neurechten Erinnerungen den Anstrich von Authentizität verleiht und sie als Akte der Resouveränisierung ausweist. Schlagworte: Neue Rechte, Männlichkeit, Antifeminismus, Erinnerung
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Ohne Begriff keine Erinnerung? Fragen nach den Auswirkungen einer fehlenden Auseinandersetzung mit Antifeminismus (Rebekka Blum)
Sowohl in der Forschung zur extremen Rechten als auch in der Geschlechterforschung fehlt eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit Antifeminismus im Allgemeinen und als Bestandteil extrem rechter Ideologie und Teilmotiv rechter Terroranschläge im Besonderen. Aktuelle Auseinandersetzungen sind feministischen Interventionen in der Arbeit und Forschung zur extremen Rechten zu verdanken. Auf der Grundlage von Forschungsliteratur zu geschlechterpolitischen Entwicklungen, Interviews mit feministisch Aktiven und Archivmaterialien werden im Beitrag antifeministische Entwicklungen insbesondere in den 1970er- und 1980er-Jahren beleuchtet. Anhand von Archivrecherchen konnten einige Ereignisse und Angriffe gefunden werden, die sich als antifeministisch verstehen lassen, jedoch weder in der Forschungsliteratur auftauchen noch von Zeitzeug*innen in Interviews erinnert werden. Daraus ergibt sich die These des Beitrags, dass die fehlende Auseinandersetzung mit dem Begriff Antifeminismus im Untersuchungszeitraum dazu führt, dass diese Ereignisse nicht erinnert werden und somit auch weniger in aktuelle Analysen einfließen. Schlagworte: Antifeminismus, extreme Rechte, Feminismus, Westdeutschland
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Rewriting Femininity: Tradwives, Visual Aesthetics of Class, and Politics of Remembrance (Celina Beck, Emma Lakkala)
Tradwives, a group of homemaking women who gained online prominence during COVID-19, position themselves as a counterpoint to contemporary feminism while embodying and commodifying ‘traditional’ femininity and heteronormativity. Through social media, they blend aesthetics with right-wing nationalist ideologies, portraying the ideal of a submissive housewife who cares for her husband and children with unpaid domestic labor. Disguised as ‘tradition,’ tradwifism shares ties with conservative Christian and right-wing groups who evoke tales from the past that comply with the world view of white nationalism. Tradwives do not merely reference our gendered, classed, and raced histories but actively rewrite and -live them in the present day. In our article, we explore the class-specific visual narration of labor and femininity in video content shared by two influential tradwives. By employing visual discourse analysis, we examine the discourse on tradwifism on social media, contextualizing the phenomenon within neoliberal influences, remembrance politics, and politics of respectability. With our input on this actively contested topic, we demonstrate how the persistent narrative of choice and freedom, which undoubtedly has yet to lose its importance for feminist aspirations, presents itself as insufficient in the context of tradwifism. In closing, we advocate for feminists (and non-feminists alike) to embrace alternative, more materialist argumentation in challenging the emerging glorification of heteropatriarchal, ethno-nationalist womanhood. Keywords: Femininity, Class, Neoliberalism, Memory
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The Muslim Woman and Contemporary Feminist Meaning-Making in the Post-Yugoslav Space: Can AFŽ’s “Veil Lifting“ Campaign be Understood as Wholly Emancipatory? (Đermana Kurić, Vanja Petrović)
Local contemporary academic feminist historical accounts of the Women’s Antifascist Front (AFŽ) develing campaign in socialist Yugoslavia overwhelmingly applaud it, understanding it as yet another instance of emancipatory politics and policies championed and defended by the organization. Few accounts problematize the campaign (and later legal ban) and contextualize it in terms of the socialist state’s Orientalist motivations, exclusion of considerations of the bodily autonomy and preferences of those traditional and/or religious Muslim women who wished to continue with such veiling practices. We ask, how do these historical accounts of the AFŽ campaign today appear in contemporary feminist meaning-making at the post-Yugoslav semi-periphery? We conclude that such uncritical contemporary recounting of socialist state Orientalist motivations and a predominant lack of critical feminist grappling with state-ordained undressing of women works to reproduce Orientalist frames of Muslim women as “oppressed”, “backward” and “lacking in agency”. In other words, we show how hasty and superficial feminist remembrance bundling the “veil lifting“ campaign in with other AFŽ triumphs works to normalize the Orientalist readings as well as the idea that the modern secular state-sanctioned ban on (Muslim) women’s dress is by default an emancipatory and acceptable feminist practice. Keywords: AFŽ, Muslim Women, Deveiling, Post-Yugoslav Semi-Periphery
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Feministische Perspektiven auf Geschichtsdeutungen und Erinnerungspolitik in Südafrika (Rita Schäfer)
Ähnlich wie Deutschland inszeniert sich Südafrika als Erinnerungsweltmeister, dort wurde keine NS- oder Stasi-Diktatur überwunden, obwohl es zu beiden politische Verbindungen gab. Vielmehr wurde am Kap der guten Hoffnung die rassistische Apartheid als politisches, legales und gesellschaftliches Ordnungssystem durch einen langen bewaffneten Kampf und zahllose couragierte Aktionen des zivilen Ungehorsams abgeschafft. Daran wirkten vor allem Schwarze Frauen unter Einsatz ihres Lebens in vieler Hinsicht mit. Dieser Beitrag veranschaulicht feministische Perspektiven in dortigen Auseinandersetzungen mit Erinnerungspolitik bzw. Geschichtsdeutungen. Er erläutert diesbezügliche Interessenkonflikte zwischen Staatsvertreter*innen und zivilgesellschaftlichen Aktivist*innen, diese betreffen vor allem Kontroversen über offizielle Ansprüche auf Deutungshoheit über Erinnerung. Opfer-/Überlebende aus dem Widerstand gegen die rassistische weiße Minderheitenregierung, die nun als Staatsbürger*innen argumentieren, kritisieren mangelnde Reparationsleistungen, fehlenden Gewaltschutz und die unzureichende Umsetzung von Frauenrechten. Dadurch halten sie auch die Apartheidverbrechen und deren zerstörerischen Folgen im öffentlichen Gedächtnis. Schlagworte: Südafrika, Erinnerungskultur, Erinnerungsorte und Geschlecht
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