Inhalt
BIOS – Zeitschrift für Biographieforschung, Oral History und Lebensverlaufsanalysen
2-2023: Exklusive Bildungsbiographien. Biographische Praxis zwischen Exklusion und Exklusivität
Hrsg. von: Julie A. Panagiotopoulou & Julia Reuter
Julie A. Panagiotopoulou / Julia Reuter: Einführung in das Themenheft
Beiträge
Julie A. Panagiotopoulou / Matthias Wagner / Egzona Gashi: „Es wird schwer sein, hier zu studieren“. Transnationale Bildungsbiographien neu zugewanderter mehrsprachiger Schüler*innen im Spannungsfeld von Exklusion und Exklusivität
Käthe von Bose: Jugend in guter Gesellschaft? Zur biographischen Herstellung exklusiver Zugehörigkeit im Kontext deutscher Adelsverbände
Fabian Rombach / Sarah Karim / Anne Waldschmidt / Lisa Prior: Bildung mit Barrieren. Exklusion/Inklusion und Exklusivität in bildungsbiographischen Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen
Susanne Völker / Elif Rojin Senpalit / Jihane Mhamdi: Mit Exklusion manövrieren: Bildungsbiographien muslimisch situierter Student*innen
Julia Reuter / Markus Gamper: Exklusive Bildungsbiographien im Spiegel autosoziobiographischer Selbstzeugnisse von Aufsteiger*innen in der Wissenschaft
Offener Beitrag
Mirko Schwagmann: Im Maschinenraum der Demokratie? Lebensgeschichtliche Querschnitte aus der mittleren Gewerkschaftsebene
Mitteilung
Philip Kortling: FLOH: Forschendes Lernen mit Oral History in der Geschichtswissenschaft. Schlaglicht auf ein Oral History-Projekt an der Ruhr-Universität Bochum
Einzelbeitrag-Download (Open Access/Gebühr): bios.budrich-journals.de
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Abstracts
Es wird schwer sein, hier zu studieren“. Transnationale Bildungsbiographien neu zugewanderter mehrsprachiger Schüler*innen im Spannungsfeld von Exklusion und Exklusivität (Julie A. Panagiotopoulou, Matthias Wagner und Egzona Gashi)
Der Artikel knüpft an ein Forschungsfeld an, das sich mit individuellen (bildungs-)biographischen Erfahrungen, Deutungen und Bestrebungen zur sozialen und transnationalen Mobilität von neu zugewanderten Schüler*innen befasst. Anhand der biographischen Erzählungen einer aus Griechenland stammenden Biographin, die sich im Interview als Angehörige der albanischen Minderheit und mehrsprachig positioniert, wird das Spannungsverhältnis zwischen ihren Exklusionserfahrungen im griechischen und deutschen Bildungssystem und ihren (familialen) Bildungsentscheidungen für eine exklusive akademische Bildungsbiographie rekonstruiert. In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung ihrer – in beiden Bildungssystemen systematisch deprivilegierten – Mehrsprachigkeit für die eigene biographische Praxis herausgearbeitet. Abschließend werden selbst- und machtkritische methodologische Reflexionen für die Weiterführung des Projektes vor dem Hintergrund einer Verknüpfung transnationaler Perspektiven mit einer dialogisch-translingualen Interviewführung diskutiert.
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Jugend in guter Gesellschaft? Zur biographischen Herstellung exklusiver Zugehörigkeit im Kontext deutscher Adelsverbände (Käthe von Bose)
Radtouren, Abendbälle oder Arbeitsfreizeiten auf einem Gut: In diesem Beitrag werden biographische Erzählpassagen aus Interviews mit Mitgliedern deutscher Adelsverbände untersucht, die auf ihre Teilnahme an Aktivitäten der verbandlichen Jugendarbeit (zurück)blicken. Dabei geht es um die Frage, wie Zugehörigkeit zu diesem exklusiven Kontext hergestellt wird. Exklusivität umfasst hier sowohl eine Form der Besonderheit im Sinne von Privilegierung als auch Exklusion. In der Analyse wird deutlich, dass die Zugehörigkeit zu dieser exklusiven Gemeinschaft zwar als natürlich wahrgenommen wird, jedoch immer wieder hergestellt, ausgehandelt und aufrechterhalten werden muss („doing exclusivity“). Die Kategorien Klasse und Bildung spielen dabei eine wesentliche Rolle.
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Bildung mit Barrieren. Exklusion/Inklusion und Exklusivität in bildungsbiographischen Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen (Fabian Rombach, Sarah Karim, Anne Waldschmidt und Lisa Prior)
In dem Beitrag werden biographische Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen im Kontext schulischer Bildung in Deutschland untersucht. Mithilfe einer dispositiv-analytischen Perspektive werden neun qualitativ-empirische Interviews analysiert, in denen Frauen und Männer unterschiedlichen Alters und mit verschiedenen Beeinträchtigungen von ihrer Schulzeit berichten. Im Ergebnis weist die Untersuchung schulische Exklusion und Inklusion als spannungsreiches, ambivalent erlebtes Dispositiv aus. Sichtbar wird auch, dass mit der Anerkennung von Besonderheit im Schulalltag auch Erfahrungen positiver Besonderung einhergehen, die subjektiv als Zuschreibung von Exklusivität gerahmt werden. Außerdem zeigen sich beeinträchtigungsspezifische Unterschiede, denn insbesondere Personen mit Lernschwierigkeiten erfahren Sonderbeschulung. Zusätzlich ist der Geburtsjahrgang von Bedeutung. Während die älteren Interviewpersonen überwiegend von institutioneller Exklusion berichten, haben die jüngeren Personen ein durchlässigeres Schulsystem erlebt.
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Mit Exklusion manövrieren: Bildungsbiographien muslimisch situierter Student*innen (Susanne Völker, Elif Rojin Senpalit und Jihane Mhamdi)
Im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen die (Bildungs-)Biographien von muslimisch situierten Studierenden mit internationaler Familiengeschichte. Anhand ihrer Narrationen werden die Dynamiken zwischen (partiellen) Exklusionen aus Bildungsinstitutionen und den je spezifischen Antworten der Befragten auf diese biographischen Herausforderungen und Ent-Täuschungen von Bildungsversprechen herausgearbeitet. Damit greift der Beitrag gesellschaftsanalytisch wie methodologisch die Forschungsperspektive der postmigrantischen Gesellschaft auf. Die höchst unterschiedlichen Praktiken der (instrumentellen, temporären) Anpassung, der Selbstbehauptung und Divergenz lassen sich dabei als Manövrieren von gesellschaftlichen Zumutungen und zugleich als exklusive Fähigkeiten des Übersetzens und Vermittelns beschreiben, die postmigrantische Realitäten in praxi anerkennen und ihnen Ausdruck verleihen.
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Exklusive Bildungsbiographien im Spiegel autosoziobiographischer Selbstzeugnisse von Aufsteiger*innen in der Wissenschaft (Julia Reuter und Markus Gamper)
Der Beitrag spürt dem Erkenntnispotenzial autosoziobiographischer Zeugnisse für die Untersuchung ungleicher Bildungsbiographien nach. Dafür wird auf bereits publizierte Aufstiegserzählungen von Professor*innen aus nichtakademischen Herkunftsmilieus zurückgegriffen. These ist, dass die Selbstzeugnisse intime Einblicke in Bildungs- und Berufsbiographien von Aufsteiger*innen bieten, die in der Wissenschaft nach wie vor unterrepräsentiert sind und die über ihren Werdegang selten öffentlich Zeugnis ablegen. Darüber hinaus lassen sie sich durch ihre zum Teil theoretisch unterfütterten Reflexionen gesellschaftlicher (Klassen)Ungleichheitsverhältnisse weniger als Autobiographien denn als Autosoziobiographien verstehen. Neben einer gattungstheoretischen Einordnung und empirischen Plausibilisierung geht der Beitrag zudem auf epistemologische wie methodologische Herausforderungen autosoziobiographischer Selbstzeugnisse ein.
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Im Maschinenraum der Demokratie? Lebensgeschichtliche Querschnitte aus der mittleren Gewerkschaftsebene (Mirko Schwagmann)
Der vorliegende Beitrag entstand aus einem Gemeinschaftsprojekt der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Hans-Böckler-Stiftung. Ziel war es, einen Quellenkorpus zu erschaffen, der erstmal die mittlere Ebene der Gewerkschaften berücksichtigte, und diesen dann mithilfe von Fragen zur Demokratisierung der Bundesrepublik zu untersuchen. Das Sample umfasst insgesamt 30 Interview mit 25 Zeitzeug*innen, die in drei unterschiedliche Alterskohorten eingeteilt wurden, und deckt ein möglichst breites Spektrum der gewerkschaftlichen Landschaft ab. Neben der zentralen Frage nach der alltäglichen Wahrnehmung und Teilhabe an den Demokratisierungsprozessen der Bundesrepublik werden außerdem die Hintergründe des Gewerkschaftseintritts und das Spanungsverhältnis zwischen Gewerkschaft und Gesellschaft beleuchtet.
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