Beschreibung
Die hier ausgearbeiteten und erläuterten Kernbegriffe der Praxeologischen Wissenssoziologie sind wesentliche Grundlage der Dokumentarischen Methode. Der Band versteht sich als Beitrag zur Praxistheorie, die in engem Bezug zur qualitativ-empirischen Forschung weiterentwickelt wird. Zugleich handelt es sich um eine Hinführung zur Wissenssoziologie des Klassikers Mannheim und um eine Würdigung der Ethnomethodologie. Integriert werden wesentliche Aspekte der Bourdieu’schen Habitusanalyse, der Goffman’schen Identitätstheorie und – in kritischer Auseinandersetzung – der Schütz’schen Sozialphänomenologie. Bezüge zur Luhmann’schen Systemtheorie werden hergestellt.
Der Autor:
Prof. Dr. rer. soc., Dr. phil. habil. Ralf Bohnsack, Universitätsprofessor a.D., Freie Universität Berlin
Hier finden Sie den Waschzettel zum Buch (PDF-Infoblatt).
Zielgruppen:
Studierende und Lehrende der Soziologie und Erziehungswissenschaft
Jan –
In vielen Studiengängen ist die qualitative Forschung ein Bestandteil, wenn nicht sogar der größte Bestandteil im Bereich der empirischen Zugänge. Neben der Anwendung von Methoden und Überlegungen zur Wahl der richtigen Auswertungsverfahren, steckt jedoch auch eine breite theoretische Basis hinter diesem Thema, welches unbedingt Beachtung finden sollte, um nicht lediglich Techniken anzuwenden, sondern dies reflexiv tun zu können.
Dieses Buch von Ralf Bohnsack lädt genau hier zu ein, in dem es theoretische Grundlagen der qualitativen empirischen Forschung aufzeigt. Besonders interessant dürfte dies für Studierende und andere Interessierte sein, die mit der dokumentarischen Methode arbeiten (möchten). Deren Grundlagen sind meist schwer verständlich und nicht einfach zu durchblicken – aber erst wenn diese Verstanden worden sind, kann auch ein Verständnis für die Methodik entstehen! Neben Begriffserklärungen und Praxisbeispielen werden auch Verknüpfungen zu verwandten Theorien und Theoretikern geschaffen: Bourdieu, Goffman und die Chicagoer Schule sind nur einige Beispiele.
Insgesamt erhält man einen wirklich breiten Einblick in die theoretischen Grundlagen der empirischen Forschung und daher empfehle ich dieses Buch jedem, der seine Forschungsarbeiten, Hausarbeiten oder sonstigen empirischen Projekte fundiert aufbauen will und nicht lediglich Methoden blind anwenden möchte.
Malte W. –
Die Monografie „Praxeologische Wissenssoziologie“ von Ralf Bohnsack aus dem Jahre 2017 beschäftigt sich mit der Weiterführung der methodischen Umsetzung und methodologischen Ausarbeitung qualitativer Methoden hin zur „Dokumentarischen Methode“.
Durch mannigfaltige Begriffserklärungen und Verknüpfungen zu Theorien und Theoretikern wie bspw. Bourdieu, Goffman, Chicagoer Schule etc. bietet dieses Buch eine sanfte Vernetzung als Einstieg in die Forschungsbasierte Arbeit – auch als Student.
In meinem forschungsgeprägten Master der Sozialen Arbeit bietet mir diese Lektüre als Student eine Grundlage zur Forschung und Entwicklung meiner Hausarbeiten und meiner Master-Thesis.
Simone C. Jerke –
Wow, möchte man sagen und es ganz im deutsch-phonetischen Sinne auch meinen: das „wow“ als Anerkennung für die umfassende und tiefgreifende Befassung mit dem Themenfeld der soziologischen Wissenssoziologie, insbesondere mit Karl Mannheim als einem Weg ebnenden Vordenker, auf dessen Ausführungen und deren Weiterentwicklung durch Prof. Bohnsack im Lehrbuch „Praxeologische Wissenssoziologie“ der Fokus liegt. Das „au“ hingegen ob der echten hirnmarternden Leistung, die beim Lesen abverlangt wird.
Wie meinte neulich ein Professor der Sozialpädagogik: „Soziologen, das sind die, die immer so unglaublich kompliziert schreiben“ und bezog sich dabei auf einen sozialpädagogisch relevanten Aufsatz Luhmanns. Tatsächlich fällt scheinbar in Ungnade, wer, wie Erving Goffman seinerzeit beispielsweise, volksverständlich und leicht sein Sujet vorzutragen und schreibend festzuhalten vermag. Den Vorwurf „populistisch“ zu publizieren kann man Herrn Professor Bohnsack aber definitiv nicht machen: er schrieb ein Fachbuch, dass in seiner Komplexität jene der Texte übersteigt, auf jenen es inhaltlich vertieft aufbaut.
Die geneigten Studenten, die sich mit der soziologischen bzw. bohnsack´schen „Praxeologischen Wissenssoziologie“ befassen wollen, bekommen nicht nur die Chance das auch zu tun, sondern auch die Pflicht, sich für das Verständnis der Texte in eben jene tief einzugraben, um wirklich zu verstehen, was eigentlich gesagt werden soll.
Kostprobe? „Die Primordialität des existenziellen sozialen Prozesses gegenüber der Konstitution signifikanter Symbole und des Selbst“ oder auch „Proponierte Performanz im Unterschied zu theoretisierenden Propositionen“ sind zwei von vielen Überschriften bzw. Fließtexten, die den Soziologen anerkennend mit der Zunge schnalzen lassen.
Spannend (und etwas leichter zu lesen) sind seine nach den ersten Kapitel fast schon praktisch-plakativ anmutenden Ausführungen zur Bildkommunikation und dokumentarischen Methode nach etwas mehr als der Hälfte des Buches. Hier spielt das Buch einige seiner Trümpfe aus und wendet das vorher äußert komplex dargestellte Fachwissen an. Das gilt ebenso für die kürzer als erhofften, aber ausschöpfenden Ausführungen zur Identitätstheorie Erving Goffmans relativ weit hinten im Buch.
Professor Bohnsack schreibt genauso, wie es der Reigen deutscher Wissenschaftlichkeit wohl richtig gerne hat: überpräzise wissenschaftlich, hochgradig trennscharf und grammatikalisch wie linguistisch dermaßen hochsprachig, dass jeder, der nicht Deutscher Muttersprachler ist, (oder eine geringe Frustrations- und/oder Fleißgrenze hat) Abstand nehmen sollte. Studenten weit höherer Fachsemester, Dozenten und Wissenschaftliche Mitarbeiter werden mit dem Buch eher zurechtkommen (müssen). Tatsächlich missfiel mir als Soziologin in Vorbereitung auf die Promotion die Schwere und Überkomplexität, mit der fast jede Seite vollgepackt ist. Man mag sagen, „Weiterbildungslektüre ist nunmal kein Zuckerschlecken, dafür studieren wir ja wohl!“ Die us-amerikanischen Wissenschaftler – auch und besonders in den Sozialwissenschaften – zeigen jedoch, dass sehr wohl Komplexität, Anspruch und Wissenschaftlichkeit mit einer leichter verständlichen Sprache zu verbinden ist. Genau das hätte dem Buch mit seinen vielen interessanten Ausführungen gut getan.
H.F. –
Für (Nachwuchs)Wissenschaftler*innen, die bereits vorausgehende Veröffentlichungen und Beiträge von Ralf Bohnsack kennen, gibt diese Monografie tiefergehende Einblicke in die Praxeologische Wissenssoziologie. Die Lektüre des Buches empfehle ich jenen Personen, die sich bereits mit der Praxeologische Wissenssoziologie und der Dokumentarischen Methode befasst haben, die sich für den konjunktiven Erfahrungsraum und dessen Komplexität, das implizite Wissen und Orientierungsrahmen interessieren. Ob die Leser*innen sich im Bachelor-, im Masterstudium, in der Promotion befinden oder in der Wissenschaft tätig sind, ist beim Vorhandensein eines tiefergehenden Interesses für die Thematik weniger von Bedeutung. Obwohl ich die Lektüre als sehr anspruchsvoll empfinde, schätze ich die ausführlichen Herleitungen Ralf Bohnsacks. Ich gehe davon aus, dass ich einzelne Kapitel immer wieder heranziehen werde oder muss, sodass sich bei mir immer wieder neue Erkenntnisse einstellen werden.
Laura Porak –
„Praxeologische Wissenssoziologie“ von Ralph Bohnsack ist ein gelungener Überblick zur Einführung in die Thematik wobei für die Lektüre noch kein großes Vorwissen vorausgesetzt wird. Die Entstehung der Praxeologie aus der Ethnomethodologie wird anschaulich skizziert, dabei wird besonders die Entstehung des Erkenntnisinteresses der Ethnomethodologie, also der Frage, wie Bedeutungen im Alltag hergestellt werden, nachgegangen. In Folge wird die der Ethnomethodologie typische Dokumentarische Methode hergeleitet und theoretisch verortet, sowie deren aktuelle Rezeption besprochen. Nach der Abhandlung der Mannheim’schen Wissenssoziologie durch die Ethnomethodologie und im Rahmen dessen durch die Praxistheorie befasst sich der Autor mit zentralen Begrifflichkeiten der Wissenssoziologie und deren Bedeutung für die Praxistheorie, wie etwa unterschiedlichen Formen des Wissens sowie deren Genese und aktueller Rezeption. Besonders lohnend für Einsteiger ist ebenfalls die Auseinandersetzung des Autors mit bzw. Abgrenzung zu anderen Theorietraditionen, da diese nochmals Klarheit über den Gegenstand der Theorie verschafft. Diese wird weiter im letzten Kapitel vertieft, das auch durch Beispiele anschaulich die Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der praxeologischen Wissenssoziologie aufzeigt.
J. B. –
Wer sich im Feld der Wissenschaft, sei es im fortgeschrittenen Studium oder darüber hinaus, für Praktikentheorie und Wissenssoziologie interessiert, stößt unvermeidlich auf die Dokumentarische Methode. Das vorliegende von Ralph Bohnsack 2017 veröffentlichte Werk stellt für ein derartiges Interesse ein hochgradig anzuempfehlendes Werk dar, da es einerseits Aufschluss über soziologische Grundbegriffe dieser Denkrichtung, die geschichtliche Entwicklung (der sozialtheoretischen Voraussetzungen) der Dokumentarischen Methode und besondere Anwendungsherausforderungen für empirische Forschung gibt, andererseits auf hohem, wissenschaftlich anschlussfähigem Niveau die derzeitige sozialwissenschaftliche Debatte um Methodologie (inklusive dem Dauerproblematik des Theorie-Praxis-Verhältnisses) aufgreift und weiterführt.
Enttäuscht sein wird vor allem die systemtheoretisch interessierte Leserschaft, da Bohnsack Luhmann zwar durchaus immer wieder zitiert, aber es zumeist beim Erwähnen belässt, kaum reflektiert im Sinne einer systematischen Einordnung (vgl. exemplarisch die grobschrotige Referenz auf S. 310) und es – nicht allein in diesem Buch – unterlässt, sich auf das kommunikationstheoretische Theorieprogramm Luhmanns ernsthaft einzulassen und stattdessen – wenn auch aus nachvollziehbaren, biographischen, lebenswerkonstituierenden Gründen – weiterhin auf das theoretische Potential von „Praxis“ setzt. Vor diesem Hintergrund: 3/5 Sterne für diesen Text.
M.B. –
Es handelt sich hier um ein beeindruckend langes, aber leider auch um ein beeindruckend kompliziert verfasstes Werk von Bohnsack, das tiefe und sehr gute Ein- und Überblicke in und über die praxeologische Wissenssoziologie und ihre Nachbargebiete beinhaltet. Für WissenschaftlerInnen im Bereich der qualitativen Forschung eignet es sich inhaltlich äußerst gut, ist aber durch seinen anspruchsvollen Schreibstil zugleich recht komplex. Die angeführten Beispiele bieten an dieser Stelle jedoch eine gute Unterstützung. Deshalb halte ich es für Studierende der Soziologie für angemessen, während Studierende anderer Sozialwissenschaften, die sich nicht mit Goffmann, Mannheim oder Bourdieu im Rahmen von Grundlagenvorlesungen oder Seminaren auseinandersetzen, hier vermutlich schnell an ihre Grenzen stoßen werden. Als sehr positiv hervorzuheben ist das Kapitel gegen Ende des Buches, in dem Bohnsack die Anschlüsse seiner praxeologischen Wissenssoziologie an andere Theorietraditionen beschreibt. Dieses Kapitel erachte ich besonders für weniger gut eingelesene LeserInnen als wertvoll, da ihnen diese Einordnung anderenfalls schwer fällt.
Schlussendlich bedarf es dem Leser dieses Werkes also bereits an einigen Erfahrungen im Umgang mit Texten und Inhalten der Soziologie, um sich auf dieses qualitativ hochwertige, aber komplexe Buch einlassen zu können.